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Explosives Flüssiggas

■ Mehrere Gasunfälle werfen die Frage auf, wie Flüssiggasexplosionen vermieden werden können / Experten kritisieren unzureichende Kontrollvorschriften

Berlin (taz) - Sechs Tage nach der schweren Gas–Explosion im Garmisch–Partenkirchener Hotel „Rießersee“, an deren Folgen bis jetzt elf Menschen gestorben sind, drohte vorgestern in Mittenwald unweit vom Unglücksort erneut eine Explosion infolge eines undichten unterirdischen Flüssiggas–Behälters: Aus dem Gasschacht des örtlichen Hallenbades strömte Gas aus, das die Feuerwehr abzusaugen versuchte. Das Gelände in der Nähe des Bahnhofs wurde abgeriegelt und der Zugverkehr vorübergehend eingestellt, um einen Funkensprung von der Bahn–Oberleitung und damit eine mögliche Explosion zu vermeiden. Bis zu den Abendstunden des Neujahrstages konnte die Gefahrenquelle offenbar unter Kontrolle gebracht werden. An welcher Stelle das explosive Propan–Butan–Gemisch aus dem Flüssiggas–Behälter oder dessen Zuleitungen entweichen konnte, wird sich wie bei dem Unglücksbehälter des Hotels „Rießersee“ erst nach einer genauen Untersuchung feststellen lassen. Doch die Experten in den zuständigen kommunalen Überprüfungsstellen reagieren jetzt schon alarmiert. „Nach der Druckbehälter–Verordnung müssen wir nur die Behälter von Flüssiggas–Anlagen überprüfen“, erläuterte der Berliner TÜV–Spezialist Paczinski gegenüber der taz, „wir sind aber der Meinung, daß die gesamte Anlage, also auch die Zuleitungssysteme überprüft werden müßten.“ Ein Leck in der Zuleitung wird als Ursache der Explosion im Hotel „Rießersee“ vermu tet. Als weiteren Kritikpunkt an der Druckbehälter–Verordnung, die in nächster Zeit novelliert werden soll, nannte Paczinski die Regelung, daß die Lieferanten der Flüssiggas–Anlagen die vorgeschriebenen Überprüfungen selbst durchführen dürfen. In Berlin werde der Überprüfungsauftrag von den Firmen zwar an den TÜV weiterdelegiert, aber im Bundesgebiet sei die Firmen– „Selbstkontrolle“ üblich. Vorgeschrieben ist eine Kontrolle beim Hersteller, eine Abnahmeprüfung nach der Installierung, eine „äußere Prüfung“ alle zwei Jahre und eine „innere Prüfung“ im Abstand von fünf Jahren. Bei der „inneren Prüfung“ muß der Gasbehälter entleert und mit Luft, bzw. Wasser gereinigt werden. Durch Druckluft und Ultraschall–Untersuchungen werden undichte oder durch Korrosionsschäden dünngewordene Stellen in der Behälterwand aufgespürt. Die inzwischen üblich gewordene Praxis, Flüssiggas–Behälter zum Schutz gegen Korrosion und andere äußere Einwirkungen in die Erde zu legen, weist im Fall von Lecks ihre Nachteile auf. Die undichte Stelle ist dann schwerer zu orten, und der gesamte Gasinhalt muß, wie das in Garmisch–Partenkirchen geschehen ist, zunächst unter Kontrolle abgebrannt werden. Behälter mit einem Fassungsvermögen von 100.000 Litern Flüssiggas sind in Berlin durchaus üblich. Der Inhalt des „Rießersee“–Tanks, der 37.000 Liter faßte, war erst nach mehreren Tagen abgebrannt. Die dezentrale Energieversorgung aus Flüssiggas ist gerade zur Zeit sehr verbreitet, weil die an die Ölpreisentwicklung gekoppelten Gaspreise deutlich unter den Preisen für städtisches Gas liegen. Doch die Probleme mit entweichendem Gas sind bei der Stadtgas–Versorgung nicht weniger schwer kalkulierbar. Einen Tag vor dem Unglück in Garmisch– Partenkirchen hatte eine Gasexplosion in einem Frankfurter Wohnhaus zwei Menschen getötet. Das aus Öl oder Kohle hergestellte Stadtgas ist explosiv und wegen seines Kohlenmonoxyd– Anteils hochgiftig, ein Grund für viele Lebensmüde, den Gashahn aufzudrehen. Da der schwefelig riechende Sumpfgas–Anteil als Warnsignal beim Durchdringen von Wohnungswänden oder -decken herausgefiltert wird, wird von ahnungslosen Nachbarn die Brand– oder Explosionskatastrophe häufig erst dadurch ausgelöst, daß sie an der Tür klingeln und dadurch den zündenden Funken auslösen. Bei der in vielen Städten vollzogenen Umstellung von Stadtgas auf Erdgas entfällt zwar die hohe Explosionsgefahr. Erdgas ist geruchlos, weniger leicht entzündlich und vergleichsweise ungiftig, allerdings auch weniger leicht flüchtig. Dadurch besteht die Gefahr, daß sich entweichendes Gas im Keller oder in Schächten sammelt, ohne bemerkt zu werden. Solche unentdeckten Erdgas–Ansammlungen könnten dann zum Beispiel durch eine brennende Kerze zu einer schweren Brandkatastrophe führen. Imma Harms

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