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MBB: Bonn ermunterte uns zum Waffenhandel mit Iran

■ Rüstungskonzern verhandelte 18 Monate über Lieferung von zwölf Flugzeugen vom Typ C–160 Transall für Golfkrieg / Vorstandsmitglied: Bundesregierung angeblich mit Lieferung nach Kriegsende einverstanden

Hamburg/Berlin (dpa/ap/taz) Das deutsche Luftfahrtunternehmen Messerschmidt–Bölkow– Blohm (MBB) hat in den vergangenen achtzehn Monaten mit der Regierung des Iran und der Bundesregierung über die Lieferung von zwölf Transportmaschinen vom Typ C–160 (Transall) an Teheran gesprochen. Dies erklärte der stellvertretende Vorsitzende von MBB, Sepp Hort, in einem Inteview mit der Zeitung Bild am Sonntag zu einem Bericht der amerikanischen Fernsehgesellschaft ABC vom Freitag. „Wir sind von der Bundesregierung ermuntert worden, nach Teheran zu gehen“, fügte Hort hinzu. „Bonn hat klipp und klar erklärt, daß es überhaupt nichts gegen die Lieferungen der Maschinen hat, falls es keinen Krieg mehr mit Iran und Irak gibt.“ Obwohl aus dieser Äußerung indirekt hervorgeht, daß es sich in den Augen der Bundesregierung bei den Transall–Maschinen um militäri sche Güter handelt, streitet Hort dies ab: „Bomben kann man ja allenfalls zum Fenster rauswerfen.“ In der Werbeabteilung von MBB scheint man demgegenüber zu wissen, daß in der modernen Kriegsführung nicht nur Kampfflugzeuge vonnöten sind. Heißt es doch in einer Werbebroschüre aus dem Jahr 1985 über die Transall– Maschine: „Lasten aller Art wie Fahrzeuge, Geräte, Container, Truppen können im Fluge abgesetzt werden.“ Die C–160 sei eine Maschine „mit in dieser Größenordnung unerreichter Fähigkeit, von Startbahnen mit wenig oder nicht befestigtem Untergrund zu operieren“. Zu Deutsch: Ein klassischer Militärtransporter, zu dem der Käufer auch noch einen „preisgünstigen Rüstsatz“ erwerben kann, mit dem das Flugzeug zu einem „Wasserbomber“ umgebaut werden kann: „Damit können innerhalb von sieben Sekunden 12.000 Liter Wasser bzw. chemische Lösungsmittel aus der Luft zur Bekämpfung von Flächenbränden eingesetzt werden.“ Von den zuständigen Regierungsstellen in Bonn, die am Samstag durch eine Sprecherin hatten erklären lassen: „Der Bundesregierung ist von dem Vorgang nichts bekannt“, war am Sonntag nicht mehr über die Geschäftsverbindungen zwischen... Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4 Siehe auch Artikel Seite 6 dem Rüstungsunternehmen und dem Iran zu erfahren. Sowohl die diensthabende Regierungssprecherin als auch Sprecher des Auswärtigen Amtes und des Bundeswirtschaftsministeriums erklärten, ihnen sei der Versuch des Iran, sich über MBB zwölf Transall–Transporter zu beschaffen, nicht bekannt. Von Regierungskreisen wurde ergänzend betont, entweder habe es sich um einen Vorgang auf Beamtenebene unterhalb der politischen Instanzen gehandelt, oder es sei möglicherweise eine Voranfrage, nicht aber ein förmlicher Antrag gewesen. Nach Angaben des stellvertretenden MBB–Vorsitzenden Hort war es die Teheraner Führung, die mit dem Wunsch nach Erwerb der Transportmaschinen an das Münchner Unternehmen herantrat. Laut der US–Fernsehgesellschaft ABC war jedoch MBB in Teheran vorstellig geworden, um Interesse an dem Kauf zu wecken. Das Unternehmen habe nach Konfrontation mit den bei ABC vorliegenden Unterlagen zugegeben, daß Firmenvertreter mit Iran verhandelt hätten.Unter Berufung auf den iranischen Waffenhändler Mohammed Haschemi hieß es weiter, eine MBB–Delegation habe 1986 in Teheran eine Vereinbarung über die Lieferung von zwölf Maschinen innerhalb der nächsten zwei Jahre abgeschlossen. ABC besitze Briefe von MBB an den Sprecher des iranischen Parlaments, Rafsanjani, und an Haschemi. In den Briefen an Haschemi sei diesem eine Provision in Millionenhöhe für einen Geschäftsabschluß versprochen worden. Die Transall C 160 ist ein Mittelstreckentransportflugzeug, das in deutsch–französischer Gemeinschaftsproduktion von der Societe Nationale Industrielle Aerospatialte in Toulouse und MBB Hamburg/VFW Bremen herstellt wird. Es ist nicht das erste Mal, daß der Name MBB im Zusammenhang mit dem Golfkrieg fällt. Bisher war, soweit bekannt wurde, der Adressat jedoch der Kriegsgegner Irak. So wurden beispielsweise zehn Kampfhubschrauber BO–105 von MBB aus der BRD von der MBB–Kooperationsfirma Casa in Spanien montiert und an den Irak geliefert. Über Österreich wurden sechs MBB–Hubschrauber BK 117 von MBB an den Irak geliefert, nachdem sie zuvor in Augsburg trotz angeblich „ziviler Version“ mit Militärelektronik ausgestattet wurden. Auch die Nährungszünder für die französischen Exocet–Raketen, die an den Irak geliefert wurden, sind mit MBB–Nährungszündern ausgestattet, wie der Arbeitskreis „Stoppt den Rüstungsexport“ in einer Pressemitteilung vom Dezember berichtet.

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