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Propaganda–Tour

■ IAEA–Chef Hans Blix in Tschernobyl

Hans Blix, der Chef der Internationalen Atomenergie– Agentur (IAEA), inspiziert heute - zum zweiten Mal - den Unglücksreaktor von Tschernobyl. Die Sowjets werden ihm in der Ukraine die hübsch verpackte Reaktorruine präsentieren und ihm die neuesten Sicherheitskonzepte unter die Nase halten. Inzwischen wieder leicht behaarte Feuerwehrleute werden ihm strahlend versichern, wie gut es ihnen geht und evakuierte Rückkehrer die Weitsicht der Krisenmanager loben. Am Ende müßte sich Blix von den übermenschlichen Anstrengungen der sowjetischen Regierung überzeugt haben und seine Botschaft wird auch im Freien Westen ankommen: Der böse Spuk von Tschernobyl ist vorüber, Sicherheit und Ordnung wieder hergestellt, und die Katastrophe war viel harmloser als zu befürchten war. Blix hatte dies schon im Juni irgendwie geahnt, als er „jedwede alarmierende Spekulationen und Gerüchte“ der Medien tadelte. Jetzt wird der ranghöchste Atom–Propagandist, der zugleich mit der Autorität des obersten Sicherheits–Überprüfers ausgestattet ist, die Beherrschbarkeit selbst eines Super– GAUs IAEA–amtlich und damit göttergleich bestätigen. Und wir sollten deshalb vor allem eines aufbringen: Dankbarkeit. Schon der Unfall von Harrisburg hat, so Blix im Juni vor der internationalen Atomgemeinde, uns allen nur genützt und die Reaktorsicherheit und das Management erheblich verbessert. Tschernobyl wird so noch weit mehr Erkenntnisse liefern, auf dem Weg zu „narrensicheren gutmütigen Atomanlagen“ (Blix). „Jedermann muß wissen“, sagt der Chef der Atomspalter, „daß die Kernenergie noch für lange Zeit da sein wird“. Und damit er auch mit dieser These recht behält, muß Blix von Zeit zu Zeit im „Krisengebiet“ selbst nach dem Rechten sehen. Manfred Kriener

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