: Moslem–Gipfel trotz Drohungen eröffnet
■ Fünftes Gipfeltreffen der Islamischen Konferenz–Organisation in Kuwait eröffnet / Anschläge im Vorfeld der Konferenz / Iran nimmt nicht teil / Der Golfkrieg gilt als das wichtigste Thema des Treffens
Zum ersten Mal seit 1984 haben sich am heutigen Montag Vertreter von 44 islamischen Staaten zu einem Gipfeltreffen versammelt, die zusammen 850 Millionen Menschen auf der ganzen Welt repräsentieren. Die Delegierten von so unterschiedlichen Ländern wie Indonesien und Mauretanien werden sich in Kuwait vorwiegend mit den Problemen der arabischen Welt befassen, allen voran dem Golfkrieg. An den innerarabischen Spannungen war die Abhaltung des Gipfels zu einem früheren Zeitpunkt gescheitert. Angesicht von Attentatsdrohungen ist es bereits ein Erfolg, daß der Gipfel überhaupt stattfindet.
Die Wahl Kuwaits als Tagungsort für das fünfte Gipfeltreffen der Islamischen Konferenz–Organisation (ICO) ist symptomatisch für Themen und Probleme, mit denen sich 44 Staatschefs und die Außenminister von 46 Mitgliedsländer vom heutigen Montag an befassen werden. Der Golfstaat mit seinen gut eine Million Einwohnern liegt nur rund zweihundert Kilometer von der südirakischen Stadt Basra entfernt, deren Umgebung Schauplatz der jüngsten iranischen Offensive war. Der iranisch–irakische Krieg, zugleich wichtigstes Thema der Konferenz, sorgte bereits im Vorfeld für Schwierigkeiten und mündete in manifeste Drohungen. Die iranische Führung, die sich zunächst um eine Verlegung des Konferenzortes bemüht hatte, entsandte erst gar keine Vertreter, da Kuwait im Golfkrieg den Irak unterstützt. Mehrere pro–iranische Gruppen aus dem Libanon drohten mit Anschlägen, sollte der Gipfel stattfinden. Am Samstag, zwei Tage vor Konferenzbeginn, explodierte im Zentrum von Kuwait–City eine Autobombe; Menschen wurden dabei nicht verletzt. Bereits am Montag letzter Woche war in drei Ölanlagen des Landes gleichzeitig Feuer ausgebrochen, durch das erheblicher Sachschaden entstand. In der Nacht zum Donnerstag ging ein Artilleriegeschoß, vermutlich von einem ira nischen Schnellboot abgefeuert, auf einer unbewohnten kuwaitischen Insel nieder. Die Regierung Kuwaits hat sich von diesen Drohungen nicht einschüchtern lassen. Auf der 59 Punkte umfassenden Tagesordnung stehen neben dem Golfkrieg insbesondere der „Lagerkrieg“ zwischen Palästinensern und der Amal–Bewegung im Libanon, Afghanistan, Israels angebliche Atomrüstung, der Konflikt zwischen dem Tschad und Libyen sowie die Lage moslemischer Minderheiten. Der Konferenz war eine Tagung hoher Beamter der ICO– Staaten am Mittwoch vorausgegangen. Dabei wurde beschlossen, „kontroverse“ Themen auszuklammern. Dazu zählt die Forderung Syriens nach einem Einfrieren der ägyptischen ICO–Mitgliedschaft und nach einem Tadel für Marokko wegen eines Besuchs des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Peres im vergangenen Jahr. Ägypten wird in Kuwait gegen den Widerstand Syriens mit von der Partie sein. Syrien protestiert gegen die Beteiligung Kairos, weil Ägypten an den Camp–David–Verträgen mit Israel festhält, will aber dennoch an dem Weltgipfel der Moslems teilnehmen. Am Samstag kündigte Staatschef Assad in einer örtlichen Zeitung an, er werde selbst an der Konferenz teilnehmen. Es werden vor allem arabische Themen sein, die den Gipfel in Kuwait bestimmen werden. Am Sonntag abend trafen sich deshalb auch die Außenminister der arabischen Länder zu einem gesonderten Treffen. Angesichts der äußerst unterschiedlichen Probleme und divergierenden politischen Interessen der einzelnen Länder kann mit durchschlagenden Ergebnissen allerdings nicht gerechnet werden. Der ägyptische Staatschef Mubarak wird sich beispielsweise um eine Begegnung zwischen den jordanischen König Hussein und PLO–Chef Arafat bemühen, die vor einem Jahr ihr Bündnis suspendiert haben und erneut für den Vorschlag einer internationalen Nahost–Friedenskonferenz werben. Ein Großteil der Geschehnisse wird sich hinter den Kulissen abspielen, wo künftige politische Initiativen ausgemauschelt und Positionen aufeinander abgestimmt werden. Beate Seel
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