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I N T E R V I E W „Die Brüder Hamadeh sind keine Flugzeugentführer“

■ Der in Helmstedt lebende 26jährige libanesische Flüchtling Aref Zein DDein hat zweieinhalb Jahre mit dem angeblichen Flugzeugentführer Ali Muhammed Hamadeh in Saarlouis zusammengewohnt

taz: Herr Zein DDein, Sie haben bei der Polizei die Brüder Ali Muhammed und Abbas Hamadeh entlastet. Zein DDein: Ich habe ausgesagt, daß die bisher im Fernsehen und in Zeitungen veröffentlichten Fotos, die im Sommer 85 von den Entführern der TWA–Maschine aufgenommen worden sind, nicht die Brüder Hamadeh zeigen. Daß es sich bei den verhafteten Hamadehs um meine Bekannten handelt, habe ich aber erst bemerkt, als dann im Fernsehen auch die Frau von Abbas und seine Schwiegermutter und die Freundin von Ali Muhammed zu sehen waren. Wann haben Sie die Familie Hamdeh kennengelernt? Ich habe in den Jahren 1982 bis 84 zweieinhalb Jahre mit Ali Muhammed in einer gemeinsamen Wohnung gelebt. Wir waren oft bei seinem Bruder Abbas, der mit seiner deutschen Frau und seiner Tochter auch in Saarlouis wohnte. Abbas hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Er ist schon 1979 in die BRD gekommen, hat eine Ausbildung als Elektroschweißer gemacht. Auch Ali Muhammed wollte 1984 seine deutsche Freundin heiraten, mit der er ebenfalls eine Tochter hat. Aber das Standesamt hat das abgelehnt, weil sie erst 16 war. Er mußte in den Libanon zurück. Was können Sie zum politischen Hintergrund der beiden Brüder sagen? Wir haben eigentlich nie politische Diskussionen geführt. Ali Muhammed hatte sich zwar, bevor er 1984 im Alter von 18 Jahren in die Bundesrepublik kam, für einige Monate der Amal–Miliz angeschlossen, weil der jüngste der vier Hamadeh–Brüder vorher als Mitglied der Amal erschossen worden war. Aber seine Eltern haben dann gesagt, ein totes Kind sei genug, und haben ihn in die BRD geschickt. Ich dagegen wurde und werde von der Amal–Miliz per Haftbefehl gesucht, weil ich vor meiner ersten Flucht zusammen mit einigen Schulkameraden in einem Büro der Palästinenser–Organisation DFLP gearbeitet habe. Trotzdem gab es zwischen uns keinen politischen Streit. Hatten Sie auch zum Zeitpunkt der Entführung noch Kontakt? Abbas habe ich auch im Sommer 85 noch täglich in Saarlouis besucht. Aber auch Ali Muhammed kann meiner Meinung nach nicht an der Entführung beteiligt gewesen sein. Er hat mich eine Woche danach aus dem Iran angerufen und erzählt, daß er dort Arbeit gefunden habe. Danach hat er mir einen Brief mit einem Foto von sich aus dem Iran geschickt. Wie passen Ihre Aussagen mit dem bei Saarlouis gefundenen Sprengstoff zusammen? Von dem Sprengstoff weiß ich überhaupt nichts. Nach der Ablehnung meines ersten Asylantrages bin ich freiwillig in den Libanon zurückgekehrt. Dort haben mich meine Eltern drei Monate lang zwischen März und Juni 1986 versteckt gehalten. In dieser Zeit habe ich die Brüder Hamadeh einmal in ihrem Elternhaus besucht. Dabei wurde mir auch der älteste Bruder Abdel Hadi, der bei Hizballah arbeitet, kurz vorgestellt. Abbas war damals von seiner deutschen Frau getrennt, wollte aber auch wegen seiner Tochter in die BRD zurückkehren. Ali Muhammed hätte seine Tochter gern in den Libanon geholt. Er plante schon damals, seine Freundin in Saarlouis zu besuchen, hatte aber kein Geld. 30.000 Lira sollte er bei der deutschen Botschaft für das Visum als Sicherheit dafür hinterlegen, daß er nicht in der BRD bleibt. Er arbeitete zu der Zeit in Beirut bei einem Plastikstuhl–Herstellter und verdiente nur 4.000 bis 5.000 Lira im Monat. Das Interview führte Jürgen Voges

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