: Blockade von Palästinenserlager gelockert
■ Lebensmittellieferungen für zwei Lager im Libanon gestattet / Beiruter Lager erneut beschossen / UN–Sicherheitsrat ruft zum sofortigen Waffenstillstand im Lagerkrieg auf / BRD stellt 400.000 Mark für humanitäre Hilfe zur Verfügung / EG spendet eine halbe Million Dollar
Beirut (afp/dpa) - Die schiitische Amal–Miliz hat am Wochenende die Lebensmittelblockade des seit dem 30. September von ihr belagerten palästinensischen Flüchtlingslagers Raschediyeh im Südlibanon aufgehoben. Alle zivilen Bewohner könnten sieben Stunden täglich das Lager verlassen, um einzukaufen, hieß es in einem Kommunique der Amal. Hunderte von Palästinensern, zumeist Frauen und alte Leute, verließen am Sonntag morgen für mehrere Stunden das Lager, um sich in der nahegelegenen Stadt Tyrus mit Lebensmitteln zu versorgen. In Raschediyeh leben rund 1.700 Menschen. Ein Sprecher des Lagers warnte vor der Annahme, daß die Belagerung vorüber sei. „Die Männer würden nicht wagen, das Lager zu verlassen, weil sie draußen von den Amal–Milizionären gefangengenommen würden“, sagte er. „Die Belagerung ist noch immer in Kraft (...). Es ist wie ein Gefängnis, in dem die Insassen vorübergehend ihre Zellen zum Essenfassen verlassen dürfen.“ Am Samstag nachmittag war Raschediyeh mit 15 Tonnen Lebensmitteln versorgt worden. Der Transport fand unter der Aufsicht von iranischen Beamten und Mitgliedern der radikalen Schiitenorganisation „Hizballah“ statt. Nach Angaben von Korrespondenten wurden 32 schwerverletzte Palästinenser in Krankenhäuser gebracht. In der Nacht zum Samstag war auch Borj al Brajneh in Südbeirut, wo 20.000 Palästinenser leben, mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt worden. Unter der Aufsicht von iranischen Botschaftsangehörigen und syrischen Offizieren wurden von vier Lastwagen 15 Tonnen Lebensmittel sowie Verbandsmaterial in das Lager befördert. Der Transport, der gemeinsam vom UN– Hilfswerk für Palästina–Flüchtlinge (UNRWA) und dem Iranischen Roten Halbmond organisiert wurde, verlief ohne Zwischenfälle. Mit dem Konvoi wurden fünf verletzte Frauen aus dem Lager evakuiert und unter die Obhut der iranischen Botschaft gestellt. Vier schwangere Frauen durften ebenfalls das Lager verlassen. Fortsetzung auf Seite 6 In der Schule wohnen bereits 400 palästinensische Frauen und Kinder unter der Bewachung der Amal–Milizen. Am Freitag war ein erster Versuch, Lebensmittel nach Borj al Brajneh zu transportieren, gescheitert. Heckenschützen eröffneten das Feuer auf einen iranischen Konvoi mit für das Lager bestimmten Versorgungsgütern. Dabei kam ein Angehöriger der iranischen Botschaft in Beirut ums Leben. Der Zwischenfall hatte sich trotz einer Einigung über einen vorübergehenden Waffenstillstand ereignet, die zuvor nach längerem Tauziehen zwischen UNWRA und der Amal erzielt worden war. Borj al Brajneh, das seit dem 29. Oktober von der Amal abgeriegelt wird, wurde am Samstag abend nach palästinensischen Angaben erneut unter Beschuß genommen. Bei einem Angriff der Milizionäre auf das ebenfalls bei Beirut gelegene Lager Shatila wurde am Samstag eine Frau getötet. Zwei Bewohner des seit dem 24. November belagerten Flüchtlingscamps wurden verletzt. Nach Shatila, das zu 90 Prozent zerstört ist, wurden bislang keine Nahrungsmittel oder Medikamente geliefert. PLO–Chef Arafat, wies unterdessen auf die „moralische und politische Verpflichtung“ hin, welche die Vereinten Nationen zum Schutz der Palästinenser eingegangen seien. Der UNO–Sicherheitsrat hatte am Freitag zu einem sofortigen Waffenstillstand im Lagerkrieg aufgerufen. In Sorge über Hungersnöte in mindestens zwei umzingelten Flüchtlingslagern der Palästinenser im Libanon hat die Bundesregierung 400 000 Mark für humanitäre Hilfen zur Verfügung gestellt, teilte das Auswärtige Amt am Freitag mit. Ein Sprecher wiederholte gleichzeitig das Ersuchen der BRD um Linderung der Hungersnot in den belagerten Siedlungen. Wie außerdem am Freitag bekannt wurde, hat die Europäische Gemeinschaft eine halbe Million US–Dollar gespendet.
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