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Atommüllkonferenz plant WAA–Demo

■ Aktionstage in Wackersdorf sollen Großdemonstration und Blockaden einschließen / Keine bundesweite Aktion am Tschernobyl–Jahrestag / AKW–Stillegungskampagnen / Solidarisierung am Strommast

Von Petra Bornhöft

Bielefeld (taz) - Als zentrale Aktion der Anti–AKW–Bewegung im Jahr 1987 sollen im Herbst Aktionstage gegen die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf stattfinden. Unter anderem sind dort eine Großdemonstration und Blockaden geplant. Darauf einigten sich die rund 300 Teilnehmer der zweitägigen Atommüllkonferenz am Wochenende in Bielefeld. Zur weiteren Vorbereitung soll voraussichtlich am 11./12.4. eine gemeinsame Aktionskonferenz mit Vertretern der Friedens–, Dritte Welt– und Frauenbewegung dienen. Das Bielefelder Treffen von Bürgeriniativen aus Standorten atomarer Anlagen beschränkte sich im wesentlichen darauf, die auf der Bundeskonferenz vom Januar in Nürnberg begonnenen Diskussionen fortzusetzen. So stand auf der Atommüllkonferenz wiederholt eine Neuorientierung der Anti–AKW–Bewegung im Mittelpunkt, bei der es jetzt um Kampagnen gegen in Betrieb befindliche kerntechnische Anlagen geht. Unter dem Motto „Ran an die laufenden AKWs“ diskutierte eine der Arbeitsgruppen über das sogenannte „Stader Modell“. 70 Gruppen aus dem norddeutschen Raum haben sich die Stillegung des „schwächsten Gliedes in der Kette der AKWs“ zum Ziel gesetzt. „Mit unseren Aktionen während des Brennelementewechsels ab März wollen wir erreichen, daß danach der Reaktor nicht wieder angeschaltet wird“, erläuterte ein Bremer den „ersten Anlauf zur Stillegung“. Die Konzentration auf Stade bedeute nicht, so Prof. Jens Scheer, „daß wir ein anderes AKW für weniger gefährlich halten. Wir glauben, in Stade am ehesten einen Erfolg erzielen zu können, der allen Mut macht“. Stade ist Auftakt für neue Kampagne Diese Kampagne fand die erklärte Zustimmung der Konferenzteilnehmer, die in in einer Abschlußresolution erklärten, Stade bilde „den Auftakt für Stillegungs–Kampagnen an allen Standorten“. Die jeweiligen Schwachstellen sämtlicher Atomanlagen sollen im Jahr 1988 auf einem Tribunal benannt werden, das voraussichtlich am zweiten Tschernobyl–Jahrestag stattfinden wird. Nur am Rande beschäftigte sich die Konferenz mit dem bevorstehenden Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Ein strukturierter Vorschlag für bundesweite oder zumindest aufeinander bezogene Aktionen am 26. April lag nicht vor. Auf zögernde Zustimmung stieß die Idee, sich am 26. April in vielfältiger Form 1.000 Strommasten zu nähern. Ohne sich strafbar zu machen, aber dennoch wirkungsvoll, könnten AKW–Gegner Masten besetzen, Transparente aufhängen oder sich in der Feldmark „an den schwächsten, weil unkontrollierbaren Gliedern des Atomprogramms“ versammeln, sagte ein Teilnehmer. Auch die „Nicht–Helden“ erhielten so die Möglichkeit, sich öffentlich mit Aktionen zu solidarisieren, die sie selbst nicht praktizieren. Die Atommüllkonferenz entschloß sich am Ende zu einem Aufruf, die „Strommasten als Verbindungsstränge des Atomstaates zu besuchen und dadurch (sich) zu solidarisieren mit allen Formen des Widerstandes“.

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