: Siebzehn Tote bei syrischer Razzia in Westbeirut
■ 1.500 drusische Milizionäre verließen Westbeirut / Syrer nehmen Amal–Stellungen ein / Auch Hizballah zieht ab / Syrien und der Iran nehmen Kontakte auf / Amal–Miliz beschießt wieder Palästinenserlager / Lager Chatilla von mehreren Mörsergeschossen getroffen
Beirut/Moskau/Damaskus (afp) - Bei den ersten Razzien syrischer Soldaten in Westbeirut sind bisher bereits 17 Menschen erschossen worden. Sieben davon sind Palästinenser. Der Staatssender „Radio Libanon“ hatte zuvor berichtet, die Leichen von fünf Palästinensern seien in dem Stadtviertel Raouche entdeckt worden, wo syrische Soldaten in der Nacht mehrere Wohnhäuser durchsucht hätten. Dutzende von Palästinensern aus den von der schiitischen Miliz belagerten Flüchtlingslagern hatten hier Zuflucht gesucht. Die Leichen von zwei Libanesen wurden auf der Corniche Mazraa, der Hauptgeschäftsstraße Westbeiruts, entdeckt; ein drusischer Milizionär lag tot in unmittelbarer Nähe der Dschall el Bahr–Kaserne, die die Drusenpartei PSP in der Nacht räumte. Zwei Passanten fanden am Montag nachmittag in Ain–Mreisseh durch ein Sperrfeuer syrischer Soldaten den Tod, die laut Augenzeugen von Heckenschützen unter Beschuß genommen worden waren. Die Syrer nahmen bei ihrer Razzia in den zuvor von der Drusenpartei sowie der Kommunistischen Libanesischen Partei (PCL) gehaltenen Stadtviertel mehrere Bewaffnete fest. In der südlibane sischen Stadt Saida wurde ein kommunistischer Arzt erschossen. Auch der Bruder des Amal– Verantwortlichen von Sur, der ebenfalls Kommunist ist, wurde getötet. 1.500 Milizionäre der PSP und der kommunistischen Partei verließen am Dienstag morgen, von einer syrischen Patrouille eskortiert, Beirut. Die PSP–Milizionäre räumten im Morgengrauen die Dschall el Bain–Kaserne. Die schwerbewaffneten Anhänger Walid Dschumblats kehrten in dem Konvoi in das von Drusen bewohnte Bergland zurück. Syrische Soldaten konnten am Montag abend auch den nicht fertiggestellten, 42 Stockwerke hohen Murr– Turm im Herzen Beiruts beziehen, den zuvor die Amal gehalten hatte. Laut Augenzeugen zogen die schiitischen Kämpfer mit ihren Gefangenen ab. 70 Gefangene hätten sie den Syrern überstellt. Auch die radikale Hizballah ist aus ihrer Kaserne in Basra abgezogen. Einen Tag nach dem Einzug der syrischen Truppen in Westbeirut trafen am Montag abend der iranische Außenminister Velayati und der Minister für die Revolutionswächter, Rafiq–Dust, in Damaskus ein. Iran hat einen Plan für die Beendigung des Lagerkrieges zwischen Palästinensern und Amal–Milizen vorgeschlagen. Nach Angaben der pro–syrischen palästinensischen Rettungsfront haben Milizionäre der Amal am Montag erneut die Beiruter Flüchtlingslager unter Beschuß genommen. Die Palästinenserlager Chatila und Borj al Brajneh wurden von Mörser–Geschossen getroffen, hieß es aus gleicher Quelle. In der Umgebung der beiden Lager war am Abend das Feuer von schiitischen Heckenschützen zu hören. Eine Opferbilanz lag zunächst nicht vor.
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