Tritt Manila in Brasiliens Fußstapfen?

■ Philippinische Regierung erwägt Zinsmoratorium für kommerzielle Auslandskredite / Schuldendienst verschlingt 80 Prozent der Exporterlöse

Aus Manila Gebhard Körte

Eine heftige Debatte über das Für und Wider einer härteren Gangart bei der für heute in New York anberaumten Fortsetzung der Umschuldungsverhandlungen mit den zwölf führenden Gläubigerbanken hat begonnen. Die Entscheidung Brasiliens, alle Zinszahlungen für Auslandskredite bei Privatbanken einzustellen, wird von Wirtschaftsanalytikern auf den Philippinen als Signal für andere hart betroffene Schuldnerländer gewertet. Die Ökonomieprofessorin Solita Monsod, die als Planungsministerin an den Umschuldungsverhandlungen teilnimmt, setzte sich bereits dafür ein, die Gespräche zu vertagen: „Das ist der Start einer neuen Ära zur Beilegung des Schuldenproblems“, verkündete die wegen ihrer unkonventionellen Vorschläge berüchtigte Politikerin vor einer Woche selbstbewußt. In einem Schreiben an Finanzminister Ongpin und Zentralbankchef Fernandez - beides vorsichtig taktierende Politiker - forderte sie, die „eigene Position gründlich zu überdenken“. Im Kabinett will sie dafür werben, die fälligen Zinszahlungen in Höhe von 1,4 Mrd. US–Dollar solange auf einem Zentralbankkonto einzufrieren, bis eine befriedigende Lösung mit den Banken erzielt worden sei. Wirtschaftskommentatoren mehrerer Tageszeitungen empfehlen der Administration gar eine noch härtere Gangart: da viele Großbanken bereits eine Abschreibung von 35 bis 40 Prozent auf die Kredite vorgenommen hätten, könne die Regierung doch auf eine teilweise Annullierung drängen. Zwar reichen die philippinischen Auslandsverbindlichkeiten mit mittlerweile fast 28 Mrd. Dollar noch nicht an die brasilianischen Dimensionen von 109 Mrd. US–Dollar heran, doch die Belastung durch den Schuldendienst wird in beiden Staaten ähnlich empfunden. Während zwei Drittel aller Filipinos unterernährt sind, hat das Land in den ersten neun Monaten des Jahres 1986 fast drei Mrd. Dollar Zinsen gezahlt, - die Summe entspricht rund 80 % der Exporterlöse. Auch im Staatshaushalt bildet der Schuldendienst mit einem Anteil von fast 30 Für die seit Oktober 1983 fällig gewordenen Tilgungszahlungen wurde bisher zwölf mal mit Zustimmung der insgesamt 483 Gläubigerbanken ein dreimonatiges Moratorium ausgehandelt. Doch im November vergangenen Jahres platzten die Gespräche. Ende Januar kam es zu einem erneuten Treffen, bei dem jedoch keine Fortschritte erzielt wurden. Bei den heute in New York beginnenden Gesprächen geht es um die Umschuldung von 3,6 Mrd Dollar Krediten, die zwischen Januar 87 und Dezember 1992 fällig werden sowie um die Festlegung verlängerter Rückzahlungsfristen für Verbindlichkeiten in Höhe von 5,8 Mrd. Dollar, über die bereits 1985 verhandelt worden war. Die philippinische Regierung will eine Reduzierung der Zinssätze auf 5/8 Libor–Satz erreichen sowie eine Streckung der Tilgungsperiode auf 20 Jahre. Der letzte Vorschlag der Banken sah Zinszahlungen in Höhe des Libor–Satzes, einen täglich auf Dollar–Basis festgelegten Zinssatz zwischen Banken, plus einem „Kreditnehmer“–Zuschlag von 9/8 Libor kostet die Philippinen zur Zeit 80 Mio. Dollar im Jahr. Nach Marcos Sturz hatten Liberale im Kabinett gefordert, die Rückzah lung von Auslandsschulden zu verweigern, bei deren Entstehung Korruption eine Rolle gespielt habe (selective debt repudiation). Die Marktwirtschaftsfraktion unter Finanzminister Ongpin hatte dagegen auf eine Umwandlung von Auslandsschulden in Auslandsinvestitionen gesetzt. Beide Modelle haben bislang nicht zu einer substantiellen Senkung der Schuldenlast beigetragen. Die selektive Schuldenzurückweisung wurde aus Gründen der politischen Rücksichtnahme de facto nicht weiterverfolgt, das Schuldenumwandlungsprogramm ist bürokratisch schwer zu überwachen, nur wenige Anträge wurden bislang genehmigt.