: „Notparlament“ ohne Grüne
■ Grüne Abgeordnete dürfen nicht im Eifeler Regierungsbunker den Kriegsfall üben / SPD zeigt Solidarität / Mechtersheimer kritisiert WINTEX als realitätsfern
Aus Bonn Ursel Sieber
Donnerstag nachmittag sammelten sich einige Abgeordnete auf dem Parkplatz vor dem Abgeordnetenhochhaus „Langer Eugen“, um im Rahmen der NATO–Stabsübung WINTEX–CIMEX als Mitglieder des sogenannten „Notparlaments“ in den Eifel–Regierungsbunker zu fahren. Auch die von der Grünen–Fraktion benannten Mitglieder des „Notparlaments“, Thomas Wueppesahl und Gertrud Schilling, wollten mit, mußten jedoch zuhause bleiben: Nach Auskunft der Grünen eine Entscheidung des Bundestagspräsidenten Jenninger. Aus Solidarität weigerten sich dann auch die SPD–Abgeordneten Däubler–Gmelin, Roth und Kolbow, in den Bunker abzufahren. Die Grünen werfen Jenninger vor, die Beteiligung der Grünen mit „falschen“ Argumenten verhindert zu haben. Sie sei verweigert worden, weil sich das Notparlament nach der Wahl noch nicht neu konstituiert habe. Jenninger soll einzelne Mitglieder des „Notparlaments“ aus der vergangenen Legislaturperiode persönlich angeschrieben haben. Da die damaligen Parlamentsmitglieder der Grünen, Ströbele und Mann, im neuen Bundestag nicht mehr vertreten sind, seien die Grünen somit durch die Hintertür ausgeschlossen worden. In einem Brief an die SPD–Abgeordneten Däubler–Gmelin, Kobow und Roth teilte Jenninger gestern mit, „der Beschränkung der Einladung auf Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses lag ausschließlich die Sacherwägung zugrunde, daß die Unterrichtung von Mitgliedern, die jahrelang in diesem Gremium mitgearbeitet haben und damit über einen hohen Kenntnisstand verfügen, naturgemäß eine andere Qualität haben muß als die Unterrichtung anderer Mitglieder, die dem Gemeinsamen Ausschuß nicht angehören“. Wenn man über die NATO– Stabsrahmenübung Bescheid wisse, sei es verständlich, daß die Grünen ausgegrenzt würden, erklärte gestern der grüne Abgeordnete Mechtersheimer. Er bezeichnete die WINTEX–CIMEX– Übung als „dilettantisch“ und „außen– und innenpolitisch gefährlich“. Wie in der Zeit des Kalten Kriegs werde „ohne jeden Realitätsbezug der Sojwetunion eine agressive Politik unterstellt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen