piwik no script img

„Einer der großen amerikanischen Militärs...“

■ General Maxwell Taylor (86), Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg, Berater von zwei US–Präsidenten, US–Botschafter in Vietnam und Kritiker der nuklearen Aufrüstung, starb am vergangenen Samstag in Washington / InVietnam wollte er den Vietcong mit immer neuen Truppen in die Knie zwingen

Washington (wps) - „Als erstes waren wir uns selbst nicht sicher. Wir dachten, wir gehen in einen weiteren Korea–Krieg, aber dies war doch ein anderes Land. Zweitens kannten wir unsere südvietnamesischen Verbündeten nicht. Nie verstanden wir sie. Noch weniger wußten wir über die Nordvietnamesen. Wer war Ho Chi Minh? Keiner wußte was genaues. Also, als wir den Feind kannten, unsere Verbündeten und uns selbst, merkten wir, daß es besser gewesen wäre, wir hätten uns aus diesem schmutzigen Geschäft herausgehalten.“ Aber da war es zu spät. Der Vier–Sterne– General Maxwell Taylor mochte erst nach dem Vietnam–Debakel derart kritisch mit dem Engagement der USA in Asien ins Gericht gehen. Am Samstag starb der gefeierteste, aber auch umstrittenste Soldat Amerikas in einem Armeehospital. Er litt seit längerem an einer seltenen Rückenmarkerkrankung. Taylor galt als eine der zentralen Figuren im Vietnam–Krieg. Als US–Botschafter in Saigon von 1964 bis 65 hatte er bereits Lyndon B.Johnson über die dortigen Entwicklungen auf dem laufenden gehalten. In den darauffolgenden vier Jahren wurde er Sonderberater des Präsidenten. Taylor glaubte daran, daß nur genügend Truppen geschickt zu werden brauchten, um den Vormarsch der Vietcong zu stoppen. Obwohl er zu Beginn der Intervention noch Vorbehalte äußerte, gehörte er 1968, als Johnson bereits zum Rückzug blies, zu den Befürwortern einer Politik der Stärke. Gleichwohl zählte er nicht zu den Hardlinern, die das „Reich des Bösen“ mit Atomwaffen in die Knie zwingen wollten. Bereits 1959 veröffentlichte er unter dem Titel „Die unsicheren Posaunen“ eine schonungslose Kritik am nuklearen Aufrüstungsprogramm. Stattdessen forderte er eine konventionelle Aufrüstung im Sinne der „flexible response“. Verteidigungsminister Weinberger feierte Taylor am Montag als „einen der großen amerikanischen Militärs in der Geschichte“. Und Edward Kennedy würdigte ihn als einen „soldier– statesman“. Die Kennedy–Familie habe einen teuren Freund verloren. Und er lobte Taylor als einen der wenigen Soldaten im nuklearen Zeitalter, die der Atomwaffenkontrolle nicht ablehnend gegenüberstanden. Taylor muß mehr als ein militärischer Holzkopf gewesen sein. Er sprach japanisch, spanisch, französisch, las Aeschylos auf griechisch und Goethe auf deutsch. Mit Deutschland verband ihn noch mehr. Während der Invasion der Alliierten 1944 (“D–Day“) in der Normandie befehligte er die 101. Luftlandedivision und war der erste US–General, der im Zweiten Weltkrieg auf französischem Boden kämpfte. Zuvor hatte er in Italien hinter den feindlichen Linien die Möglichkeiten einer alliierten Landung erkundet. 1943 wurde sie noch als wenig aussichtsreich bewertet. Noch waren die deutschen Truppen stärker als erwartet worden war. Nach dem Krieg kehrte Taylor zunächst als Leiter der Militärakademie West Point in die USA zurück, um schließlich 1949 Stabschef der US–Streitkräfte in Europa zu werden. Als Kommandant des amerikanischen Sektors in Berlin erlebte er im gleichen Jahre die sowjetische Blockade und sorgte dafür, daß die „Rosinenbomber“ flogen. 1953 warteten neue Aufgaben in Korea auf ihn, später befehligte er alle US– Truppen im fernen Osten. 1961 wurde er schließlich nach dem Kuba–Desaster der persönliche Berater von John F. Kennedy in allen militärischen und geheimdienstlichen Angelegenheiten. 1964 dann erfolgte die Berufung als Botschafter in Vietnam. Für seine Verdienste erhielt er natürlich zahlreiche Orden. Sein letztes 1972 herausgegebenes Buch trug den bedeutungsvollen Titel: „Schwerter und Pflugscharen“. bmm

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen