: „Pershing 1A soll bleiben“
■ Amerikaner lehnen sowjetische Forderung nach Abzug der kleineren Atomraketen von deutschem Boden ab / Reagan: „Auch nach Abrüstung noch genügend Atomwaffen“
Washington (ap) - Die Diskussion um ein Abrüstungsabkommen im Bereich atomarer Mittelstreckenraketen in Europa ist nach den Erläuterungen durch den stellvertretenden Leiter der Moskauer Delegation bei den Genfer Rüstungskontrollgesprächen Obuchow um eine Variante reicher. So lehnte die amerikanische Regierung am Dienstag die Forderung der Sowjetunion ab, wonach im Falle einer vertraglichen Vereinbarung über den Abbau der atomaren Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite in Europa die in der BRD stationierten atomaren Sprengköpfe für die Raketen vom Typ Pershing 1A verschrottet werden müßten. Zu dieser sowjetischen Forderung sagte der Sprecher des US–Außenministeriums, Charles Redman, dieses Verlangen deute auf einen Mangel an Ernsthaftigkeit bei den Verhandlungen auf sowjetischer Seite hin. Die Pershing 1A sei in den frühe ren Verhandlungsrunden in Genf nie ein Thema gewesen. Die Pershing 1A fällt mit einer Reichweite von 720 Kilometer in den Bereich der atomaren Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite (500 bis 1.000 Kilometer). Die atomaren Sprengköpfe der in der Bundesrepublik stationierten Raketen stehen unter amerikanischer Kontrolle, während die Raketen selbst unter der Aufsicht der Bundeswehr stehen. In einem Interview mit Redakteuren mehrerer US–Zeitungen wies unterdessen Präsident Reagan die Vorbehalte westeuropäischer Politiker gegenüber einem Abbau von Mittelstreckenwaffen kürzerer Reichweite zurück. Auch nach einem entsprechenden Abkommen mit der Sowjetunion stünden noch „Tausende von Atomsprengköpfen“ auf amerikanischen Schiffen oder in Flugzeugen zur Verfügung, erklärte Reagan. Daher würden die NATO– Verbündeten im Fall einer solchen „doppelten Null–Lösung“ bei Mittelstreckenraketen größerer und kürzerer Reichweite nicht ohne Schutz dastehen. Die Vorsitzenden der Bonner Koalitionsparteien geraten angesichts dieser Haltung immer mehr unter Druck. Wie am Mittwoch in Bonn zu erfahren war, hat die Ministerratssitzung der WEU, die am Dienstag in Luxemburg stattfand, deutlich gezeigt, daß die Mitglieder im Grundsatz bereit sind, auch Mittelstreckenraketen kürzerer Reichweite in eine Null– Lösung einzubeziehen, wenn drei von den USA genannte Voraussetzungen erfüllt seien: Die Vereinbarung muß weltweit gelten, Drittstaaten–Systeme einschließlich der 72 Pershing IA der Bundeswehr müssen ausgeschlossen bleiben und für Mittelstreckenraketen längerer und kürzerer Reichweite muß es ein gemeinsames Abkommen geben.
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