Q U E R S P A L T E Im päpstlichen Abseits

■ Fragen zum Berlin–Nichtbesuch Johannes Paul II.

Was ist los mit dem Papst? Zum zweiten Mal kommt er nach Deutschland und trotz 750–Jahr–Feier wieder nicht nach Berlin. Die Stadt droht zum letzten Fleckchen Erde zu werden, das der rasende Wojtila noch nicht betreten oder wenigstens geküßt hat, und es erhebt sich die Frage: Was schreckt ihn? Ist es die alte Tradition der Stadt als Hochburg religiöser Toleranz, die ihn abstößt? Fürchtet er, unterwegs von DDR–Grenzern hops genommen und an Polen ausgeliefert zu werden? Sind ihm 750 Jahre zu wenig? Oder mag er einfach keine Buletten? Dabei tun die Berliner doch so gut wie alles für ihren vatikanischen Oberhirten. Haben sie nicht die führenden Repräsentanten der Stadt, Steffi Graf und Boris Becker (die Aushängeschilder des Berliner Tennisclubs Rot–Weiß), nach Rom geschickt, mit gesponsorten Geschenken beladen wie weiland die Heiligen Drei Könige? Wählen sie nicht brav CDU? Haben sie nicht eifrig Care–Pakete nach Polen geschickt, als dort die Gottlosen wider die Gottesfürchtigen wüteten? Warum meidet der Papst Berlin wie der Teufel den Weihbischof, er hat doch sogar Pinochet besucht, warum nicht Diepgen? Bei allen guten Geistern und maltraitierten Märtyrern, was soll diese hochheilige Ignoranz gegenüber einer kleinen tapferen Stadt in der Mitte Europas? Sind wir etwa nicht fein oder gar fromm genug? Himmel Arsch und Zwirn, Papst, sei doch nicht so kleinlich! Als der DFB sich weigerte, ein mickriges Europameisterschaftsfußballspiel nach Berlin zu vergeben, standen Stadt und Land Kopf. Jetzt rührt sich keiner der sonst so eilfertigen Politiker. Also springen wir in die Bresche und fordern den Papst ultimativ und endgültig auf: Komm nach Berlin oder fahr zur Hölle! Matthias Lieske