: ÖTV besorgt um Gemeindefinanzen
■ ÖTV legt ein Konzept zur Reform der Gemeindefinanzen vor / Kritik an „Konsolidierungskonzepten“ zu Lasten von Arbeitnehmern und Verbrauchern
Von Petra Bornhöft
Oberhausen (taz)– Mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit vieler Kommunen beschäftigte sich die Gewerkschaft ÖTV am Donnerstag und stellte ihr „Programm zur Reform der Gemeindefinanzen“ der Öffentlichkeit vor. Sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben der Kommunen hätten seit Mitte der 80er Jahre zu drastischem Personalabbau und Einschränkungen öffentlicher Investitionen geführt, so die ÖTV– Vorsitzende Monika Wulf–Mathies. Das bestehende kommunale Finanzsystem treibe besonders „Städte in wirtschaftsschwachen Regionen in den Ruin“. Mittels Steuerreform und Abwälzung der Folgekosten für Arbeitslosigkeit verschärfe die Bundesregierung die Finanzkrise. Kernpunkt einer „umfassenden Reform des Gemeindefinanzsystems“ muß nach Ansicht der ÖTV „ein systematischer Ausbau der Gewerbesteuer“ sein. Diese Einnahmequelle der Gemeinden, heute zu 80 Prozent von den Gewinnen der Großbetriebe abhängig, müsse „ertragsunabhängiger bemessen“ werden. Nur so könne die starke Konjunkturabhängigkeit der Gemeinden zugunsten „ausreichender und stabiler Einnahmen“ aufgehoben werden. Weiter fordert die ÖTV, Freiberufler wie Ärzte, Wirtschaftsprüfer oder Architekten, in die Gewerbesteuerpflicht zu nehmen. Änderungsvorschläge zur Bemessung des Einkommensteueranteiles oder der „Finanzausgleiche“ zielen darauf, „die Verteilung der Mittel auf den jeweils unterschiedlichen kommunalen Bedarf auszurichten“, sagte Wulf–Mathies. Denn während München seine Bürgersteige vergolden könne, fehle in Castrop– Rauxel oder Wilhelmshaven den Städten das Geld, die Schlaglöcher auf Gehwegen zu füllen. Auf harsche Kritik der Gewerkschaft stießen die „Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen“ der SPD–Landesregierung in NRW. Sie hatte Finanzspritzen für sieben nahezu bankrotte Städte an die Auflage gekoppelt, weitere Sparkonzepte zu entwickeln. Dieses bisher einmalige Vorgehen schränke die kommunale Autonomie ein und dürfe sich nicht bei der Vergabe weiterer Zuschüsse im Rahmen des von der Gewerkschaft geforderten „Soforthilfe– Programmes der Bundesregierung“ wiederholen, so Wulf–Mathies. Grün–Alternative Haushaltspolitiker waren im Unterschied zu anderen Parteien nicht auf der Veranstaltung vertreten.
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