: UdSSR will Raketen in Asien abziehen
■ Sowjetischer Parteichef kommt mit seinem neuen Vorschlag den Wünschen der NATO abermals entgegen / USA sollen ihre Atomwaffen in Asien auch abziehen / Reagan in Bedrängnis
Berlin (wps/taz) - Anläßlich eines Festessens im Kreml überraschte der sowjetische Parteichef Gorbatschow am Dienstag abend erneut mit einem Abrüstungsvorschlag: Die Sowjetunion würde sich entsprechend der auf der NATO–Tagung in Norwegen geäußerten westlichen Wünsche zum Abzug aller, auch der in Asien stationierten Mittelstreckenraketen bereit erklären. Bedingung sei allerdings, daß die USA ihre in Japan, Südkorea und auf den Philippinen stationierten Raketen ab– und ihre mit Atombomben ausgerüsteten Flugzeugträger hinter eine noch auszuhandelnde Linie zurückziehen. Vor allem ein Abzug der Flugzeugträger würde die US–Regierung jedoch um ihren Ruf in der Region fürchten lassen müssen, da die schwimmenden Festungen die Stärke der US–Truppen in der Region symbolisieren. Das Angebot des Kremlchefs bedeutet ein Zugeständnis an Reagans alte Forderung nach Abbau aller Mittelstreckenraketen. Später beklagte Gorbatschow, daß einige westeuropäische Regierungen die Bemühungen um Beseitigung der Mittelstreckenraketen in Europa behinderten. Offensichtlich spielte er damit auf das im Auftrag von Fraktionschef Dregger erstellte Thesenpapier an, in dem vorgeschlagen wird, daß die Wiedervereinigung als „Sicherheitskonzept“ in die Debatte um die Abrüstung mitaufgenommen werden soll. Die absurde Verknüpfung der deutschen Wiedervereinigung mit den laufenden Bemühungen zum Abbau der atomaren Mittelstreckenraketen hat indes zur weiteren Isolierung der Hardliner in der Regierungskoalition beigetragen. In Bedrängnis gerät Reagans Abrüstungsplan auch durch den einflußreichen Rüstungsexperten im US–Senat, Nunn, der einem Abkommen über den Abbau von Mittelstreckenraketen nur zustimmen möchte, falls die US–Regierung sich an die enge Auslegung des Raketenabwehr–ABM– Vertrags hält. Der US–Kongreß debattiert zur Zeit den Rüstungshaushalt 1988. Die demokratische Mehrheit versucht, ihre Abrüstungsinitiativen wie die Einführung eines Atomteststopps, die Einhaltung des ABM–Vertrags und das Verbot von Satellitenabwehrtests (ASAT) durch die Zusätze zu den Gesetzen zu verankern. Das ASAT–System besteht aus kleinen Raketen, die in großer Höhe von Abfangjägern des Typs „Eagle–15“ auf Satelliten abgeschossen werden. Seit 1985 sind Tests mit diesem System verboten. Bislang scheiterten die Demokraten mit ihren Gesetzeszusätzen am Widerstand der Republikaner im Senat. Obwohl Reagans Parteifreunde in der zweiten Kammer des US–Kongresses in der Minderheit sind, verfügen sie über eine genügend große Sperrminorität, um durch endlose Redebeiträge - das sogenannte Filibustern - eine Entscheidung zu verzögern. Selbst das Abgeordnetenhaus lehnte jedoch einen Abzug chemischer Waffen aus Europa ab, solange sich nicht wenigstens ein Land zur Lagerung der neuen, binären Waffen bereiterklärt. Ein Vorschlag, die für Herbst geplante Produktion der neuen chemischen Waffen zu untersagen, scheiterte mit 230 zu 191 Stimmen.
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