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Riesendemo gegen Sparkönig Albrecht

■ 40.000 protestierten in Göttingen gegen die Sparbeschlüsse der niedersächsischen Landesregierung / Polizei mit großem Aufgebot dabei

Aus Göttingen Reimar Paul

Zwischen 40.000 und 50.000 Menschen haben gestern in Göttingen gegen das Sparprogramm der niedersächsischen Landesregierung protestiert und den Verkehr im gesamten Stadtgebiet für mehrere Stunden praktisch lahmgelegt. An der Spitze und am Rande des kilometerlangen Demonstrationszuges kam es einige Male zu Rangeleien mit der Polizei, die massive Präsenz zeigte. Seit dem frühen Morgen überflo gen Hubschrauber die Stadt, Konvois aus vergitterten Mannschaftswagen patroullierten im Fünf–Minuten–Abstand durch die City und vor den neuralgischen Punkten der Demo–Route zogen demonstrativ bewaffnete Polizei und Bundesgrenzschutz–Einheiten auf. Die mit Sonderzügen, Autos, Bussen und Fahrrädern anreisenden Demonstranten sammelten sich unterdessen auf dem Campus. Um neun Uhr hatte der Göttinger Streikrat auf einer gutbesuchten Pressekonferenz die Entscheidung von Landesregierung und Uni–Leitung, die Feierlichkeiten anläßlich des 250. Universitätsgeburtstages abzusagen, begrüßt. Die Studenten hätten seit Wochen die Auffassung vertreten, daß es angesichts der Spar– und Umverteilungsbeschlüsse des Albrecht–Kabinetts derzeit nichts zu feiern gebe. Gleichzeitig wandte sich der Streikrat gegen die von CDU–Politikern und Polizei lancierte Gewalt– und Angstkampagne im Vorfeld der Demonstration. So war den Inhabern von Geschäften in der Innenstadt von der Polizei schriftlich empfohlen worden, ihre Läden während des Nachmittags geschlossen zu halten. Der Demoauftakt auf dem Uni– Gelände verlief betont friedlich, untermalt vom Einstimmen der zahlreichen Musikinstrumente. Nach ein paar hundert Metern stießen jedoch Polizeieinheiten von beiden Seiten zur Zugspitze und nahmen sie in die Zange. Fortsetzung Seite 2 Reportage Seite 5 Vom Streikrat wurde dies als eine nicht hinnehmbare Provokation gewertet, die zeige, von wem Gewalt und Eskalation ausgingen. Während noch mit der Einsatzleitung über eine Aufhebung des Spaliers verhandelt wurde, umkreiste eine größere Gruppe Demonstranten ihrerseits die Polizei, die sich boxend und stoßend einen Ausweg aus dem Gedränge bahnte. Zugespitzt war die Situation auch vor dem „Jugendzentrum Innenstadt“, als eine Hundertschaft Anstalten machte, gegen eine Gruppe vorzugehen, die das Abbrennen einer Deutschlandfahne bejubelt hatte. Nur eine Straßenecke weiter wies ein Polizeioffizier die vorbeiziehenden Demonstranten per Megaphon auf die am Kundgebungsplatz aufgebauten Getränkestände hin. Auf der Kundgebung wandten sich Sprecher und Sprecherinnen des Streikrates, des BGB, des Arbeitslosenzentrums, der Landes– ASten–Konferenz und des AStA– Ausländerreferates gegen die Spar– und Umverteilungsbeschlüsse und eine insgesamt verfehlte Sozial– und Bildungspolitik der Landesregierung. Der Redebeitrag eines Autonomen, der Zusammenhänge u.a. zur Volkszählung herstellte, ging im Pfeifkonzert und in „Aufhören, aufhören“ der Kundgebungsteilnehmer fast unter.

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