: Atomlobby will offensiv werden
■ Die dreitägige Jahrestagung „Kerntechnik 87“ wurde gestern in Karlsruhe eröffnet Teilnehmer sind über tausend Fachleute aus Forschung, Industrie, Politik und Wirtschaft
Aus Karlsruhe Dietrich Willier
Seit gestern tagt in Karlsruhe die Creme deutscher und internationaler Atommafia. Atomenergiekonzeptionen von Energieversorgungsunternehmen und die Entwicklungstendenzen der reaktorbauenden Industrie sollen auf Einladung der Kerntechnischen Gesellschaft und dem deutschen Atomforum ebenso diskutiert werden wie Endlagerung, Schnelle Brüter und Wiederaufbereitung. Allzuviel Glaubwürdigkeit, so die Atomlobby, ist seit dem Reaktorunfall in Tschernobyl in die Binsen gegangen. Jetzt verstärkt und geeint in die Offensive, heißt die Devise. Der Schreck ist der Atomlobby in die Knochen gefahren. Erschrocken aber sind sie nicht über Tschernobyl, „hier beginnt man wieder nüchterner zu sehen“, sondern über „Emotionen, gar Ausstiegsforderungen in breiten Kreisen der Bevölkerung“. Einzige Hoffnung, so der Vorstandsvorsitzende der Preußen Elektra, Krämer, sei die derzeitige „politische Landschaft“. Die biete gute Chancen zur „Überwindung der bleiernen Lähmung“. Auch Umweltschutz und Probleme der Dritten Welt sind Themen auf der Tagung. „Die gebotene Solidarität mit der Dritten Welt“, so der Vorstandsvorsitzende der KWU, „verlangt von den Industrieländern die Schonung der begrenzten (fossilen) Energiereserven.“ Doch schon ein paar Sätze weiter: Außer Ersatzreaktoren sei in der BRD abzusehen, daß höchstens noch zwei oder drei neue Atomkraftwerke gebaut würden, darüber hinaus müßten Reaktoren - auch zum weltweiten Umweltschutz - exportiert werden. Heute wird sich die Prominenz der deutschen Atomgesellschaft ihren jeweiligen Spezialitäten hingeben, am Donnerstag wird der Kongreß mit einer „Camerata Nukleare“ des Kammerorchesters der Kerntechniker seinen musikalischen Ausklang haben. Tagesthema morgen auf Seite 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen