Die Wurzel allen Übels

■ Ungarisches ZK–Mitglied Pozsgay kritisiert die Partei als Staat im Staate / Mehr Pluralismus gefordert

Bonn (dpa/taz) - Die Partei dürfe nicht mehr länger „Staat im Staate sein, das ist der Grund allen Übels“, erklärte das ZK–Mitglied der Kommunistischen Partei Ungarns, Imre Pozsgay, am Donnerstag in Bonn, wo er sich auf Einladung der Grünen aufhält. Notwendig seien mehr Marktwirtschaft und eine Vertretung pluralistischer Interessen von unten, damit der Staatsbürger nicht mehr „in Abhängigkeit von oben stehe“. Auch die Rolle des Parlaments müsse gestärkt werden. Opposition sei nützlich, man dürfe „sie nicht als Feind“ betrachten. Nach Auffassung von Pozsgay wird sich Gorbatschow trotz beträchtlicher Widerstände durchsetzen, weil die „Sowjetunion sein Programm dringend nötig hat“. Bei einem Scheitern, so der ehemalige Kulturminister (76–82), würde in ganz Osteuropa die sozialistische Perspektive in Frage gestellt. In Ungarn seien die von ihm, Pozsgay, gemachten Vorschläge umstritten und noch zu wenig in der Öffentlichkeit bekannt. Das „Spiel ist noch nicht entschieden“. Die Parteiführung unter Kadar stehe zwar auf der „Seite des Fortschritts“, hätte sich aber noch nicht entschieden. Die vor allem wirtschaftlichen Krisensymptome zwängen zum Handeln. er