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„Auf den langen Atem kommt es an“

■ Positive Überraschung über den bisherigen Verlauf der Volkszählung kennzeichnete die Stimmung auf dem bundesweiten Vobo–Koordinationstreffen / Volkszählungsgegner/innen beschließen „Sommer–Aktionstag“

Aus Wuppertal Petra Bornhöft

Nicht Resignation, sondern Überraschung über den bisher erfolgreichen Verlauf der Volkszählung kennzeichnete am Sonntag die Stimmung der rund 120 TeilnehmerInnen des dritten bundesweiten VoBo–Koordinationstreffens in Wuppertal. Die erwartete geräuschlose Beerdigung des Boykotts blieb aus - Informationsaustausch, Aktionsplanung und Vorschläge zur inhaltlichen Ausdehnung der Arbeit beherrschten die Diskussion. Ein Kongreß im Herbst soll die Bilanz der VoBo– Bewegung ziehen und den Zusammenhang von Volkszählung und Sicherheitsgesetzen thematisieren. Lokale Initiativen wurden aufgerufen, sich verstärkt mit thematischen Veranstaltungen an die Öffentlichkeit zu wenden und damit vor allem die große Zahl der Unentschlossenen anzusprechen. Am 27.Juni wollen die VolkszählungsgegnerInnen mit einem bundesweiten „Sommer–Aktionstag“ den Zusammenhalt demonstrieren. Die derzeitige Entwicklung des Boykotts, so der Sprecher des Bundes–Koordinationsbüros, Wolfgang Raab, sei nicht allein an den absoluten Zahlen der 760.000 Verweigerer abzulesen. Nachdem jetzt einige lokale Erhebungsstellen ihren Rücklauf ausgefüllter Fragebögen bekannt gegeben hätten, könne man relativ gesichert in den Großstädten von Verweigererquoten zwischen zehn und 20 Prozent ausgehen. Zudem hätten immer noch etwa ein Drittel der Haushalte keine Fragebögen erhalten. Ein weiteres Drittel halte die Bögen noch zurück. In vielen Städten wollen die Initiativen die „Beweislast umkehren“, d.h. die Zählstellen unter Druck setzen, Angaben zu machen über (korrekt) ausgefüllte, verknickte oder sonstwie wertlose Bögen. Denn neben den „harten Boykotteure“ dürften die Mogler und Schummler statistisch viel stärker ins Gewicht fallen. Unter Beifall der Anwesenden warnte Prof. Jürgen Seiffert davor, sich bereits jetzt „einen Erfolg in die Tasche zu lügen“. Dennoch sei der Versuch der Bundesregierung gescheitert, mit Duldung von SPD und Gewerkschaften die Volkszählungsgegner zu Staatsfeinden zu erklären, sie zu verketzern, auszugrenzen und mit Repressalien zu überziehen. Gefördert durch die „Medienblockade“ insbesondere in der Lokalpresse habe sich die Bewegung zum Teil lähmen lassen. Gegen die von der Gegenseite bewußt eingesetzte „Strategie der Vereinzelung“ appellierte Seiffert an die Zensus–Kritiker: „Auf den langen Atem kommt es an.“

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