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„Bögen zählen reicht uns nicht!“

■ Das bundesweite Treffen der Vobo–Initiativen in Wuppertal dokumentierte die Breite der Bewegung gegen die Volkszählung / Die Presse schweigt / Zensus–KritikerInnen wollen ihre Arbeit inhaltlich ausdehnen

Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Das bundesweite Koordinationstreffen der etwa 1.500 Vobo–Initiativen am Sonntag in Wuppertal ist von der Bewegung gegen die Volkszählung kontrovers eingeschätzt worden. Teilnehmer aus Hamburg zeigten sich „enttäuscht, daß wir hier keine neuen Ansätze diskutiert ha ben. Alle Informationen hatten wir vorher.“ Eine Aktivistin aus dem bayrischen Ingolstadt dagegen fühlte sich „richtig ermutigt, jetzt erst recht weiterzumachen“. Hintergrund dieser konträren Einschätzung mag eine zentrale Schwierigkeit der Bewegung gegen die Volkszählung sein: Sie wird, wie auch Prof. Jürgen Seiffert ausführte, „von den Medien systematisch totgeschwiegen“. Besonders auf dem Lande, in Klein– und Mittelstädten drucken lokale und regionale Zeitungen zwar Meldungen der Initiatoren des Zensus, aber keine Zeile über Aktionen oder Argumente der Volkszählungsgegner. So berichteten in Wuppertal die Initiativen übereinstimmend, daß selbst Leserbriefe oder bezahlte Anzeigen nicht erscheinen. Umso erstaunlicher, daß es zahlreichen Gruppen gelang, die Bevölkerung „flächendeckend zu informieren“, wie es hieß. Im niedersächsischen Cloppenburg etwa verteilte die Initiative 13.000 Flugblätter an 21.000 Einwohner. In Münster „reißen uns die Leute das alle zwei bis drei Tage erscheinende Extra mit einer Auflage von 12.000 aus der Hand“, berichtete ein Teilnehmer. Allerdings stoßen die emsigen Verteiler, die oft nicht wissen, woher sie für weitere Flugblätter das Geld nehmen sollen, vielfach auch auf Ablehnung. Die Volkszählung sei „doch gelaufen“ lautet dann die Begründung. Daß es sich hierbei um einen systematisch von den Behörden verbreiteten Trugschluß handelt, spricht sich abseits der Großstädte immer noch nicht herum. „Wir haben es jedoch auch nicht erwartet, daß die offizielle Zählmaschinerie der Behörden in diesem Umfang ins Stocken geriet“, kommentierte Roland Appel (Grüne) in Wuppertal das jetzt auch von Mitarbeitern des Statistischen Bundesamts bestätigte Volkszählungschaos (Berichte in der gestrigen und heutigen taz–Ausgabe). Umgekehrt verfügt die Vobo– Bewegung selbst über keine Strukturen, die einen internen Informationsaustausch ermöglichen. Das Bonner Koordinationsbüro, dessen mickrige Geldmittel für die Bezahlung einer Person ausreichen, könne diese Aufgabe nicht wahrnehmen, hieß es am Rande des Treffens. So sei es nicht verwunderlich, daß Großstädte mit einer „relativ gut ausgeprägten Szene–Infrastruktur“ in der Diskussion um die Volkszählung „viel weiter“ seien als andere Gebiete. Als Konsequenz aus dieser Einschätzung wollen die VolkszählungsgegnerInnen in den nächsten Wochen nicht nur ihre Öffentlichkeitsarbeit intensivieren, um die große Zahl der noch Unentschlossenen zu gewinnen. Sie wollen auch die Betreiber der Volkszählung zu konkreten Angaben über den Verlauf des Zensus zwingen. Denn „Bögen zählen alleine reicht uns nicht“, lautet eine der Tendenz nach positiv aufgenommenen Resolution des Wuppertaler Treffens. Die erreichte Politisierung der Bewegung, ausgedrückt in neuen Koalitionen und diskutierten Zusammenhängen zwischen Volkszählung und anderen politischen Kontrolltendenzen in der Republik, dürfe nicht - wie 1983 - versanden. Diesem Zweck soll ein Kongreß im Herbst dienen, ohne allerdings die „normale Ini–Arbeit“ in Sachen Boykott zu ersetzen.

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