DIW: Arbeitslosigkeit bleibt auf jetzigem Niveau bis 1990

■ Institut setzt auf selbstverwalteten Bereich beim Kampf gegen Arbeitslosigkeit

Von Ulli Kulke

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW, Berlin), eins der fünf gemeinhin als „renommiert“ geltenden Häuser, profiliert sich zunehmend gegenüber den anderen. Konnte man sich jüngst zum ersten Mal nicht mit mit den Partnerinstituten auf das traditionelle gemeinsame Frühjahrsgutachten einigen, so grenzen sich die Berliner nun auch deutlicher von dem verhaltenen Wirtschaftsoptimismus ab, den die übrige „herrschende“ Wirtschaftsforschung betreiben. Die Arbeitslosigkeit wird nach Ansicht des DIW bis 1990 auf heutigem Niveau verharren. Und bis zum Ende des Jahrhunderts bestünden allenfalls Chancen, die Zahl zu halbieren. Der allenthalben vorherrschenden Korrektur der Wachstumsprognosen nach unten setzt das Institut in seinem jüngsten Wochenbericht noch eins drauf: Nur noch um 1,3 Prozent werde das Bruttosozialprodukt bis 1990 im Jahresdurchschnitt steigen - bei der Bundesregierung steht immer noch eine zwei vor dem Komma. Das DIW ist sich zwar bewußt, daß man in der Vergangenheit bei Szenarien auch mal zu pessimistisch getippt hat. So habe das letzte „Referenzszenario“ aus dem Jahr 1984 das Wirtschaftswachstum bis 1987 um 0,3 Prozent zu niedrig gehängt. Die Idealkombination aus Dollarkursanstieg bis 1985, der den BRD–Export gewaltig ankurbelte, und anschließendem Dol lar–Verfall, der die Importpreise und somit die Inflationsrate nach unten drückte (zunächst ohne den Export zu beeinflussen), habe man in dem Ausmaß nicht vorhersehen können. Das DIW springt auch in seinen Empfehlungen (“Modernisierungsstrategie für die neunziger Jahre“) über seinen Schatten. Der Vorschlag, der Staat möge Rahmenbedingungen dafür schaffen, daß der Schwerpunkt der Investitionen künftig im Umweltschutz liege, ist dabei noch noch nicht der originellste. Bemerkenswerter ist da schon, wo das DIW ansonsten Verbesserungen des Arbeitsmarktes wähnt. Der Staat möge ordnungspolitische Maßnahmen treffen, die „neue Organisationsformen im genossenschaftlichen und selbstverwalteten Bereich“ fördern. Wegen des Dollarkursverfalls und den damit einhergehenden Weltmarkt–Konkurrenzschwierigkeiten der BRD–Wirtschaft müsse man sich jedenfalls vor allem auf den Binnenmarkt konzentrieren. Ob das DIW hier nicht noch zu optimistisch ist, wenn es den Dollar auf seinem jetzigen Niveau verharren sieht, bleibt abzuwarten. Aufgrund der Erfahrungen mit der schleppenden Arbeitszeitverkürzung geht das Institut davon aus, daß weitere Verkürzungen um höchstens ein Prozent pro Jahr zu veranschlagen seien. Um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, müsse man daher noch stärker auf Teilzeitarbeit setzen: „Dabei wäre es erwünscht, wenn dies nicht nur Frauen beträfe, sondern wenn auf der Grundlage einer geänderten Arbeitsteilung in der Familie auch mehr Männer eine Teilzeitarbeit anstrebten“. Wichtig sei dabei, daß die sozial– und arbeitsrechtliche Absicherung stimme. Ob dies alle Gewerkschaften, die sich bislang stets gern auf Publikationen des SPD–nahen Instituts beriefen, gern sehen?