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„Abenteuerliches Vorgehen“

■ Die jüngste Großoffensive der Armee im Norden Sri Lankas endete mit schwerer Niederlage der Guerilla / Kritiker werfen „Liberation Tigers“ naives Vorgehen vor

Bei der vor etwa zehn Tagen beendeten Großoffensive der Armee auf der nordsrilankanischen Jaffna– Halbinsel hat die militärisch stärkste tamilische Guerillabewegung „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ eine empfindliche Niederlage erlitten. Regierungskommuniques sowie den Berichten weniger unabhängiger Beobachter zufolge ist das Gebiet, das zuvor als Hochburg der Rebellen galt, wieder weitgehend unter Kontrolle der Armee, einzig auf die Einnahme von Jaffna–Stadt wurde aus taktischen Gründen vorerst verzichtet. Zwischen 200 und 500 tamilische Zivilisten sollen bei den Kämpfen und insbesondere durch die Luftangriffe der srilankanischen Armee ums Leben gekommen sein. Dies hat Fragen nach der Strategie dieser stärksten der im Norden und Osten Sri Lankas kämpfenden Tamilengruppen aufgeworfen. Die Offensive hat gezeigt, daß die LTTE entgegen zahlreichen Beteuerungen kaum in der Lage ist, weite Teile der Zivilbevölkerung für die Verteidigung des Heimatlandes zu mobilisieren oder sie auch nur im Ernstfall vor der Armee zu schützen. Viele tamilische Intellektuelle, die die „Tigers“ in ihrer Gründerzeit unterstützten, haben dies vorausgesehen und der Organisation inzwischen desillusioniert den Rücken gekehrt. Einer der wenigen, der es wagt, sich vor Ort, aber anonym, noch gegen die Guerilla auszusprechen, warf der LTTE bereits vor Monaten „abenteuerliches und naives“ Vorgehen vor: „Sie wollen zu viel und das zu schnell. Unsere Leute sind zu konservativ, als daß in kurzer Zeit Veränderungen innerhalb der Gesellschaft erzielt werden könnten.“ Insbesondere die Mittelschicht Jaffnas, die den Norden dominiert, überlasse lieber anderen das Kämpfen. Demgegenüber behautete die Ltte wiederholt, die Bevölkerung sei mobilisiert und könne im Fall einer Offensive aktiv werden. Praktisch beschränkten sich die mehrheitlich halbwüchsigen Kämpfer der LTTE aber darauf, die Armee mit „Hit and Run–Aktionen“ (Bombenanschläge und das Legen von Landminen) in die Kasernen zu drängen. Die Existenz anderer Guerillabewegungen mit differierenden ideologischen oder strategischen Vorstellungen wurde von der LTTE nie wirklich akzeptiert. Eigene Dissidenten und Regierungsinformanten wurden durch sogenannte „Lamp Post Killings“ (Erschießung und anschließende öffentliche Zurschaustellung an Laternenpfählen) eliminiert, die Angehörigen der konkurrierenden militanten tamilischen Organisationen TELO und EPRLF zu Hunderten als „antisoziale Elemente“ exekutiert. Beiden Gruppierungen wurde anschließend jegliche Aktivität in den tamilischen Gebieten verboten, was den Widerstand - gerade im jetzt eingetretenen Ernstfall - zusätzlich schwächte. Walter Keller/N.B.

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