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„Opfer des Zeitgeistes“

■ Die Psychagogin Christa Meves ist zur katholischen Kirche übergetreten / Der Entzug der Lehrerlaubnis für Uta Ranke–Heinemann bestätigte die hemmungslos Konservative in ihrem Entschluß / „Unabdingbare Notwendigkeit“

Von Benedict M.Mülder

Berlin (taz) - Als das Fach Religion in den gymnasialen Oberstufen vor Jahren vom Pädagogikunterricht verdrängt wurde, hat Christa Meves den Umbruch spielend geschafft: Ihre bei Herder fortlaufend erschienenen Abrechnungen (60 Bücher) mit dem jeweiligen Zeitgeist blieben beliebte Unterrichtslektüre von Paukern, nach deren Ansicht der maßlose Gebrauch von Freiheit zwangsläufig ins Gegenteil umschlage. Nun hat die Produzentin des notorisch schlechten Gewissens auch offiziell den Übertritt vollzogen, der schon lange anstand. Weil sie mit ihren Sorgen über „neue destruktive Entwicklungen wie Frühsexualisierung, Verhetzung von Kindern gegen die El tern, hohe Abtreibungszahlen“ bei der evangelischen Kirche „auf Granit biß“, ist die 62jährige jetzt ins katholische Lager gewechselt. Im Papst und nicht in den aufgeklärt–progressiven Synodalen Luthers sieht sie nämlich ein (sprachliches) Bollwerk des „marianischen Aspektes, den die moderne Frau als Vorbild so nötig braucht, um den sie fremdbestimmenden, zur Manngleichheit umpolenden und sie verkopftkrankmachenden Ansturm eines machtanmaßenden Feminismus gewachsen zu sein“. Folgerichtig fühlt sie sich auch durch den Entzug der Lehrerlaubnis für ihre Antipodin, die katholische Theologieprofessorin Uta Ranke–Heinemann, die die Jungfrauengeburt „leugnet“, bestätigt. Sie sei erfreut über die eindeutige und klare Haltung der katholischen Amtskirche in dieser Frage, ließ Frau Meves jetzt wissen. Unter dem weiten Mantel Mariens, der so weit offenbar doch wieder nicht ist, wird sie also fortan streiten wider „hybride Maßlosigkeit und Selbstherrlichkeit des von Gott emanzipierten Menschen, gegen Depression und neurotische Verwahrlosung - für die Opfer unseres Zeitgeistes“. Dafür, so schrieb die Mitherausgeberin des Rheinischen Merkur/Christ und Welt in Springers Welt, muß sie einer herrlichen altgotischen Backsteinkirche in Uelzen fliehen, „nicht aus Lust“, wie denn auch, sondern aus „unabdingbarer, verantwortungsschwerer Notwendigkeit“. Der Anklopfenden werden sich Türen und Hände gewiß herzlich öffnen.

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