: RBU darf Uran– Lager nachrüsten
■ Zugleich überraschende „Mengenüberprüfungen“ in Atomfabriken / Neubau aus „Sicherheitsgründen“
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) - Was die sozialdemokratischen Vorgänger des neuen hessischen Umwelt– und Reaktorministers Karlheinz Weimar nie wagten, hat jetzt der Christdemokrat in Angriff genommen: Mit einer unangekündigten und kurzfristig angesetzten Mengenkontrolle der Kernbrennstoffe in allen Hanauer Nuklearbetrieben reagierte Weimar auf die Vorfälle der letzten Wochen. Gleichzeitig kündigte der Fischer–Nachfolger eine Vorab–Zustimmung zur „brandschutztechnischen Nachrüstung“ des „Pulver–Pellet“–Lagers der Reaktor–Brennelemente–Union (RBU) an, mit der den „Anforderungen des Brandschutzes“ Rechnung getragen werden soll. Direkter Anlaß für die Überprüfungen bei den Atomfirmen ALKEM, NUKEM, RBU und Hobeg waren Mengenüberschreitungen bei der Brennelementefabrik NUKEM, die 238 kg Uran aus Forschungsreaktoren bezogen hatte, obgleich der Firma nur 30 kg genehmigt worden seien. Dazu komme, daß am 10. Juni bei der „Reaktor–Brennelemente– Union“ (RBU) in Hanau 25,53 kg Uranoxidtabletten entdeckt worden waren, die unbemerkt aus dem RBU–Werk II im bayerischen Karlstein „verschwunden“ waren und die zwei Jahre lang in einem ungesicherten RBU–Lager in Rodenbach bei Hanau in einem „Leerbehälter“ lagen. Weimar: „Diese Vorfälle haben uns zum Handeln gezwungen, da die lückenlose Überwachung und der Verbleib von Materialien im Kernbrennstoffkreislauf zu den Grundlagen unserer Sicherheitsphilosophie gehört.“ In Zusammenhang mit dem bei der RBU „verschwundenen“ Kernbrennstoff hatte bereits der Hanauer Staatsanwalt Hübner, der inzwischen auch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, von einem möglichen Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag gesprochen, da bei der RBU offensichtlich Spaltstoffmengen unbemerkt „verschwinden“ konnten. Wie Weimar in Wiesbaden weiter erklärte, habe er der Firma RBU eine „sicherheitserhöhende Vorab–Zustimmung“ erteilt, die das „Pulver–Pellet“–Lager der Brennelementefabrik betreffe. Das Lager, das nicht mehr den An forderungen des Brandschutzes entspreche, solle abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die sicherheitstechnische Beurteilung des Lagers basiere auf einem Gutachten des TÜV–Bayern. Mit seiner Entscheidung auf die Erteilung einer Vorab–Zustimmung hat sich Umweltminister Weimar von der Rechtsauffassung des Hanauer Landgerichts „distanziert“, das erst in der vergangenen Woche die in Sachen ALKEM erteilten Vorab–Zustimmungen für „nichtig“ erklärte. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte der Minister vor dem hessischen Landtag erklärt, daß er an dem Instrument der Vorab–Zustimmungen festzuhalten gedenke, falls damit die Sicherheit in den Betrieben erhöht werden könne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen