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IGBE: Atom mit Kohle retten

■ Industriegewerkschaft Bergbau fordert „befristeten Solidarbeitrag“ der Atomwirtschaft zur Überbrückung der Schwierigkeiten im Steinkohlebergbau / Ab 1995 sollen alte und neue AKWs wieder voll powern

Von Petra Bornhöft

Bochum/Bonn (taz) - Nach der ÖTV und der IG Chemie hat sich nun auch die IG Bergbau und Energie (IGBE) von dem DGB–Beschluß für den Ausstieg aus der Atomenergie verabschiedet. Im Gegenzug fordert die IGBE einen „Solidarbeitrag“ von der Stromwirtschaft. Freiwillig sollen die AKW–Betreiber ihre Stromkapazitäten zwischen 1990 und 1995 um zwei Prozent pro Jahr zurücknehmen und so einen erhöhten Einsatz der Steinkohle in Kraftwerken sicherstellen. Danach soll „auch die Stromerzeugung aus Kernenergie langsam wieder zunehmen“, erläuterte IGBE–Vorsitzender Heinz–Werner Meyer am Dienstag nachmittag in Bochum den Kernpunkt des gewerkschaftlichen „Überbrückungskonzeptes“ zur Lösung der akuten Kohlekrise. Spätestens für das Jahr 2005 sieht die IGBE rosige Zeiten für die Kohle: Dann würden neben sämtlichen AKWs 53 Mio. Tonnen Steinkohleeinheiten (SKE) für die Stromerzeugung benötigt. Am Mittwoch stieß der Plan der IGBE auf breite Zustimmung bei der SPD. Der NRW–Ministerpräsident Rau begrüßte den Vorschlag ebenso wie sein Kollege Lafontaine aus dem Saarland. Für die Steinkohle sei die nötige Absatzmenge nur über die Elektrizitätswirtschaft zu sichern. Sie soll von 43 Mio. t SKE im Jahr 1990 dank des „Solidarbeitrages“ bis 1995 jährlich um eine Mio. t SKE steigen. Dies bedeutet, daß mehr Steinkohle in der Verstromung eingesetzt würde, als der bei Elektrizitätswirtschaft und Bundesregierung ohnehin umstrittene „Jahrhundertvertrag“ vorsieht. Weil sich die Erwartungen an den Stromverbrauch nicht erfüllt hätten, müsse, so Meyer, „auch die Kernenergie vorübergehend einen Teil der Last tragen“. Daß der kurze Verzicht der Atomwirtschaft auf volle Auslastung nach Ansicht der IGBE nicht nur „zumutbar“ ist, wie Meyer erläuterte, sondern geradezu politisch und volkswirtschaftlich ratsam sei, das geht aus der Langfassung des vom IGBE–Hauptvorstand beschlossenen Konzeptes hervor. Fortsetzung Seite 2 Kommentar Seite 4 Dort heißt es: „Die Verdrängung von Kohle durch Kernenergie könnte der Diskussion um den Verzicht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie zusätzlichen Auftrieb geben. Ein Solidarbeitrag der Kernenergie zur Entlastung der Kohle in der Überbrückungsphase würde entspannend wirken. Durch eine verringerte Auslastung der Kernenergie könnten die sich zuspitzenden Entsorgungsprobleme der Kernenergie nach den Verzögerungen beim Bau von Zwischenlagern und den Schwierigkeiten beim Bau des Endlagers Gorleben vermindert werden. Bei verminderter Belastung der Kernkraftwerke wächst die Chance, unter Sicherheitsgesichtspunkten zu differenzieren und damit insgesamt ein höheres Maß an Sicherheit in deutschen Kernkraftwerken zu verwirklichen“. Konkret sieht das Konzept der Gewerkschaft Bau–Steine–Erden vor, sagte Meyer, „daß die Beschäftigung in den Kernkraftwerken nicht zurückgeht und nach 1995 auch die Stromerzeugung aus Kernenergie langsam wieder zunimmt“. Auf Nachfrage präzisierte der IGBE–Chef: „Wir unterstellen, daß die in Bau befindlichen Kernkraftwerke ans Netz gehen und im Jahre 2005 alle Kernkraftwerke entsprechend ihrer Kapazitäten Strom produzieren.“ Selbst wenn das IGBE–Konzept verwirklicht wird, das außerdem den Erhalt traditioneller, kohlepolitischer Instrumentarien, Subventionen und Arbeitszeitverkürzungen vorsieht, müsse der Bergbau bis 1995 elf Millionen Tonnen Fördermenge und 25.000 Arbeitsplätze abbauen. Andernfalls befürchtet die IGBE den Verlust von insgesamt 150.000 Arbeitsplätzen in den Bergbauregionen. Als erste der politischen Parteien reagierten gestern die Grünen auf die IGBE–Vorschläge mit einem eigenen „Umbaukonzept für die heimische Steinkohle“ (siehe Bericht auf Seite 5). Der Vorstand der IGBE habe sich auf die Politik von Bundesregierung und Atomwirtschaft eingelassen, die „die Bergleute als Geisel nehmen, um von ihnen die Zustimmung zur Atomenergie zu erpressen“, kritisierte MdB Eckard Stratmann.

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