: Meese–Anhörung ohne Aufklärung
■ Reagans Justizminister wand sich vor dem Iran–Contra–Untersuchungsausschuß / Unklar bleibt, ob Edwin Meese aus Naivität Vorschub für die Vertuschung der Iran–Contra–Affäre leistete
Aus Washington Stefan Schaaf
Manchem der Mitglieder des Irangate–Untersuchungsausschusses muß es nach der Befragung von Edwin Meese, der nach Oliver North, dem Ex–Sicherheitsberater Poindexter und Außenminister Shultz Rede und Antwort stehen sollte, vorgekommen sein, als habe er zwei Tage lang eine Qualle in einem Eimer Tapetenkleister zu fangen versucht. Der Justizminister und persönliche Freund Ronald Reagans schlüpfte den Fragern immer wieder durch die Finger, führte sie ins Leere oder blieb die Erinnerung schuldig. Vor allem Meeses Verhalten während der vier entscheidenden Tage im November, als die Iran/ Contra–Affäre aufflog, ist dem Komitee weiterhin ein Rätsel. Dem Justizminister, der im Auftrag Reagans die Fakten zusammenstellen sollte, muß damals beinahe stündlich signalisiert worden sein, daß Reagans Mitarbeiter massive Täuschungsmanöver unternahmen, um das wahre Ausmaß der Affäre zu vertuschen. Doch er ließ sich mit spärlichen Auskünften abspeisen und stellte, wenn überhaupt, die falschen Fragen. Zwar stieß er einen unübersetzbaren Fluch aus, als seine Mitarbeiter ihm vom Fund des entscheidenden Dokuments über die Abzweigung von Geldern an die Contra berichteten, doch wartete er bis zum nächsten Tag, bevor er Norths Memorandum über die Dollar–Pipeline selbst las. Zwar registrierte er Norths „Schock“, daß dieses Memorandum offenbar dem Reißwolf entkommen war, doch fragte er den Oberstleutnant nicht nach dessen Bedeutung. Meese war während dieser viertägigen Untersuchung, die mit seiner Pressekonferenz am 25. November, Poindexters Rücktritt und Norths Entlassung endete, so bar jeden Verdachtes über das wilde Treiben im Weißen Haus, daß er weder CIA–Direktor Casey noch Reagan selbst fragte, ob sie etwas von der Abzweigung von Iran–Profiten an die Contra gewußt hätten. Meese ist auch heute noch überzeugt, daß Casey nicht informiert war und bestreitet Norths gegenteilige Zeugenaussage. Auch Norths Behauptung, in Anwesenheit hoher Beamter aus dem Justizministerium Dokumente in den Reißwolf gesteckt zu haben, bezeichnet Meese als „unmöglich“. Zahlreiche Mitglieder des Untersuchungsausschusses hielten bisher Meeses offensichtliche Naivität für einen Skandal im Skandal, in der Presse wurden Vermutungen laut, daß der bullige Justizminister mit seiner Untersuchung im November mehr Spuren verwischen als aufdecken konnte. Unglaublich erscheint, daß er Norths Büroräume erst mehrere Tage nach dessen Entlassung vom FBI versiegeln ließ und so ermöglichte, daß Norths Sekretärin entscheidende Dokumente unter ihrem Hemd hinausschmuggelte. Wie am zweiten Tag von Meeses Vernehmung bekannt wurde, hat North noch nach seiner Befragung durch Meese, in der die Rede auf das Abzweigungs–Memorandum kam, eine halbe Nacht lang Dokumente vernichtet.
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