FDP–Parteitag: Harmonie gefordert

■ Konfliktstoffe sollen im Vorfeld und durch Tagesordnung entschärft werden / Vier Anträge für Frauen in die Bundeswehr / Generalsekretär Haussmann macht sich Sorgen um Entwicklung bei Koalitionspartner CDU

Aus Bonn Oliver Tolmein

Bei ihrem am kommenden Wochenende in Kiel stattfindenden Bundesparteitag will die FDP vor allem Geschlossenheit demonstrieren. Die Kontroversen in den Unionsparteien, das weiß Haussmann, können nur dann zum Besten seiner Partei gewendet werden, wenn sie selbst ein Bild der Geschlossenheit vermittelt. Und Pluspunkte muß die FDP dringend sammeln, denn die von Heiner Geißler umworbenen WählerInnen aus dem aufgeschlossenen bürgerlichen Spektrum gehören zu dem Reservoir, aus dem auch die FDP ihre Stimmen schöpft. Kein Wunder also, daß Haussmann in einem in dieser Woche bekanntgewordenen „Strategiepapier“ der Union für den Fall, daß sie ihre „Mitte–links–Öffnung“ fortsetze, eine düstere Zukunft prophezeit: Sie werde Stimmen an eine neu entstehende Rechtspartei verlieren und in der „linken Mitte“ doch kaum Zugewinne erreichen können, weil diesen WählerInnen die FDP attraktiver erscheine. Da es aber um die Einigkeit der FDP schlechter bestellt ist, als Haussmann glauben machen will, sind Tagesordnungstricks, Formulierungsspielereien und Verzögerungstaktik gefragt. Eingezwängt zwischen Grußworten, der Wahl des Bundesschatzmeisters und einer Rede Hans Dietrich Genschers sind knapp über sechs Stunden Plenumsdiskussion über insgesamt 86 Anträge. Für die Eingliederung von Frauen in die Bundeswehr sprechen sich vier Anträge aus. Trotz unterschiedlicher Formulierungen ist die Substanz die gleiche: Die Wehrpflicht soll nicht auf Frauen ausgedehnt werden, im Zuge der „Gleichberechtigung“ sollen Frauen aber die Möglichkeit erhalten, freiwillig in der Bundeswehr dienen zu können. Eine Grundgesetzände rung wird dann nicht für nötig gehalten. Unklar ist, ob es der Parteitagsregie gelingt, auch den Streitpunkt „Vermummungsverbot“ zu entschärfen. Der baden–württembergische FDP–Vorsitzende Döring hat, analog zu CDU und CSU, gefordert, aus der Ordungswidrigkeit einen Straftatbestand zu machen. Der Bezirksverband Oberbayern hat deshalb den Antrag gestellt, „die bisherige Haltung der Partei zum allgemeinen Vermummungsverbot öffentlich zu bekräftigen und abweichenden Erklärungen einzelner Landesvorsitzender entschieden entgegenzutreten“. Der Bundesfachausschuß „Innen und Recht“ hat einen umfangreichen Antrag „Zur Wahrung des inneren Friedens“ eingebracht, in dem neben der Forderung nach „beschleunigten Verfahren“ und mehr Festnahmen bei „gewalttätigen Demonstrationen“ ebenfalls eine Bekräftigung des bestehenden Vermummungsverbotes enthalten ist. Der nordrhein–westfälische FDP–Vorsitzende, Bundesbildungsminister Möllemann, sieht dagegen Chancen für eine Einigung in der Frage der Verschärfung des Vermummungsverbots. Ein Kompromiß könne in die Richtung gehen, daß vor einer endgültigen Festlegung zunächst die Ergebnisse der geplanten Regierungskommission zur Untersuchung der Ursachen von Gewalt abgewartet werden. Im Gegensatz zu Möllemann plädierten die FDP–Innenexperten Gerhart Baum und Burkhard Hirsch gestern dafür, daß der Parteitag die unveränderte Auffassung der FDP zum Vermummungsverbot bestätigen sollte. Nach Angaben der beiden Politiker haben sich die Delegierten auf der Sitzung des FDP–Landeshauptausschusses von Nordrhein– Westfalen am Dienstag abend mit großer Eindeutigkeit gegen eine Verschärfung des Demonstrationsstrafrechtes ausgesprochen.