Kein Vergleich, bitte

■ Grünes Abschneiden in Kiel und Bremen

Freunden einfacher Weltsicht mag die Erklärung für das drastisch unterschiedliche Abschneiden der Grünen in Schleswig–Holstein und Bremen klar auf der Hand liegen: An der Weser gingen die Grünen mit einem auf die SPD zugeschnittenen Koalitionsangebot in den Wahlkampf und sahtnen mehr als zehn Prozent ab. Im nördlichsten Bundesland dagegen residieren zwar auch nicht gerade ausgesprochene Fundamentalisten, aber einen Heiratsantrag haben sie den Sozialdemokraten nicht gemacht und fielen dafür mit drei–komma–nochwas Prozent auf die Schnauze. Diese einfache Erklärung übersieht allerdings die Sozial– und damit auch die Wählerstruktur in den beiden Ländern. Da ist zum einen das Agrar– und Flächenland zwischen Nord– und Ostsee, ohne wirkliche Metropole, ohne große Universitätsstadt und mit einer kritischen Jugend, die sich so schnell wie möglich nach Hamburg oder in andere Großstädte aufmacht. Bremen dagegen hat eine traditionell breitgefächerte linke Kultur, ganze „Szene“–Stadtteile und eine große Universität voll geisteswissenschaftlicher Fachbereiche - ehemals als „rote Kaderschmiede“ verschrieen. Da gibt es eine Grünen–Rathausfraktion, die sich in den letzten vier Jahren profilieren konnte, zumindest aber präsent war. Und das linksliberale Wählerpotential hat nichts dagegen, bei einer solchen SPD–Mehrheit auch mal grün zu wählen. In Schleswig–Holstein ging es jedoch darum, eine knallharte Rechtsregierung durch einen smarten Hoffnungsträger namens Engholm abzulösen. Die Hausbackenheit der Nord–Grünen hat sicher wesentlich zu ihrem Scheitern beigetragen. Aber bei genauerer Betrachtung der beiden Wahlen gilt: Kein Vergleich, bitte. Axel Kintzinger