: Ex–Polizeichef verknackt
■ Wegen Untreue, Betrugs und Steuerhinterziehung erhielt der Heidelberger Ex–Polizeichef zehn Monate auf Bewährung / Gesamtschaden 52.700DM
Aus Heidelberg Rolf Gramm
Der Mann, der in bewegteren Heidelberger Zeiten für das polizeiliche Niederhalten der Opposition zuständig war, ist jetzt gerichtsoffiziell zum Gauner erklärt worden. Werner Kohler, Heidelberger Polizeichef von 1977 bis 1985, wurde gestern vom Landgericht Heidelberg wegen „Untreue“, Betrugs und Steuerhinterziehung zu zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung und 2.000 DM Geldstrafe verurteilt. Zusätzlich muß er eine Buße von 6.000 DM an den „Paritätischen Hauspflegeverein“ berappen. Nach Auffassung des Vorsitzenden Richters Weidner habe die Verhandlung ergeben, daß Kohler in seinen Zeiten als Polizeidirektor Beamte für seine Privatzwecke eingespannt hatteFür Kohlers eigene Mittagsfahrten, für die Fahrt der Söhne von und zur Schule, für den Transport der Ehefrau Kohler zum Frisör und für andere „häusliche und familiäre Tätigkeiten“ seien Bedienstete des Oberpolizisten mißbraucht worden. Außerdem müsse Kohler der Einsatz von Beamten zu Umbauten in seinem Haus angelastet werden, habe er bei der Bezahlung von Fotokopien geschummelt und Steuern hinterzogen. Insgesamt sei dem Land ein Schaden von 52.700 DM zugefügt worden. Das für Kohler relativ geringe Strafmaß - die Staatsanwaltschaft hatte 20 Monate gefordert - ergibt sich auch daraus, daß ein Teil der Schiebereien wegen Verjährung ungeahndet bleiben muß. Auf Vor würfe der Verteidigung, hier solle jemand exemplarisch abgeurteilt werden, während die Verhältnisse in anderen Polizeidirektionen des Landes ungestraft ganz ähnlich seien, erklärte der Richter, es habe da eventuell die Überlegung gegeben, angesichts der Beschränktheit der juristichen Ressourcen erst mal den Ausgang das Heidelberger Verfahren abzuwarten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen