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Agrarexporte wünschens– wie verdammenswert

■ Ein umfangreiches Buch der BUKO–Agrokoordination bringt viele Reflexionen über die EG–Agrarpolitik, geht aber nur unzureichend den selbstgestellten Fragen nach BUCHREZESSION

Wir sind es gewohnt, über die europäische Agrarpolitik im Zusammenhang mit dem Ruin bäuerlicher Landwirtschaft oder der chronischen Finanzkrise der EG nachzudenken. Umso begrüßenswerter ist es, daß die Agrokoordination des BUKO (Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen) sich eingehend mit den entwicklungspolitischen Folgen dieser Agrarpolitik beschäftigt und auf 336 Seiten zusammenzutragen versucht hat, wie die entwicklungspolitischen Folgen der Agrar“markt“ordnung und der sie flankierenden Handelspolitik aussehen. Das Ergebnis dieser Analyse ist ein dreifaches: 1.) EG–Agrarexporte (Volumen: 66 Mrd. DM in 1985) werden zu Dumping–Preisen (der Steuerzahler subventioniert) auf den Weltmarkt gebracht und ruinieren die Preise; Exporteure aus der Dritten Welt werden dadurch geschädigt und haben erhebliche Einkommensverluste. 2.) Die EG dringt mit ihren verbilligten Agrarprodukten (vor allem Getreide, Zucker, Rindfleisch) in die Märkte vieler Entwicklungsländer ein, ruiniert dort die einheimische Landwirtschaft und verän dert die Konsumgewohnheiten. Auch dies ist entwicklungspolitisch fatal, da mögliche Bemühungen um Nahrungsmittelselbstversorgung unterminiert werden. 3.) Die EG ist auch der Welt größter Agrarimporteur, was wiederum die Exportproduktion der Dritten Welt zum Nachteil des Nahrungsmittelanbaus stimuliert und folglich ebenfalls entwicklungspolitisch schädliche Effekte hat. Trotz der so umfangreichen Darlegungen drängen sich einige Fragen auf: Einerseits sind EG– Exporte böse, weil sie die Exportchancen (mengen– und wertmäßig) der Entwicklungsländer schmälern; andererseits erfahren wir, daß die Agrarexporte der Dritten Welt gar nicht wünschenswert sind, weil sie die Nahrungsmittelselbstversorgung verschlechtern. Exporte aus der Dritten Welt: Eher nein, aber bitte keine Handelsbeschränkungen. Einerseits wird z.B. die Abhängigkeit der thailändischen Bauern von den Einnahmen aus dem Tapioka–Export konstatiert, was ja nicht zuletzt in den sozialen Folgen des „Selbstbeschränkungsabkommens“ für die betroffenen Bauern zum Problem wird. Andererseits tritt man für einen Stop der Tapioka–Importe ein, wohlwis send, daß es echte Kompensationen für die Bauern - etwa in Richtung auf einen verbesserten Nahrungsmittelanbau - nicht gibt. Selbstbeschränkungsabkommen: Ja, aber bitte mit entwicklungspolitischen Auflagen, von denen gleichzeitig gesagt wird, daß sie nicht greifen. Hier, wie auch an anderen Stellen, ist leider keine überzeugende Linie erkennbar. Das Buch paßt da, wo die Fragen weitergehen müßten: Unter welchen Bedingungen sind Agrarexporte aus der Dritten Welt positiv oder negativ zu bewerten? Sind Handelshemmnisse gegen solche Agrarexporte wünschenswert oder von Übel? In welchen Fällen wären Exporterleichterungen begrüßenswert? Wie könnte eine andere, bessere Stabex–Kompensation (innerhalb des Lome–Abkommens) aussehen? Wie wären bei Exportbeschränkung „entwicklungspolitische Kompensationen“ angesichts der Machtverhältnisse (z.B. in Thailand) durchsetzbar? Den Autoren ist nicht vorzuwerfen, daß sie nicht auf alle Fragen eine Antwort haben; dennoch kann man erwarten, daß so zentrale Konfliktpunkte thematisiert und reflektiert werden. Stattdessen findet sich auf den 336 Seiten viel Ausführliches über die Geschichte der EG–Agrarpolitik, über Agrobusiness und das Grünbuch der EG. Für die entwicklungspolitische Kritik ist da leider nicht viel Platz, und gerade da, wo es spannend wird (z.B. bei der Frage nach den Folgen des Lome– Abkommens), bleibt es ausgesprochen dünn. Die Überbewertung der Futtermittelimporte (hier hätte man ja mal konkret die involvierten Länder - jenseits der sattsam aufgearbeiteten Beispiele Thailand und Brasilien - benennen und analysieren können) ist ebensowenig in der Sache begründet, wie die wiederholte Behauptung von der massiven quantitativen Ausweitung der Agrarexporte; denn Stagnation wegen Weltmarktsättigung wäre hier als Ausgangsanalyse richtiger gewesen und hätte zu einer qualitativen Bewertung der Folgen der Agrarexporte führen sollen; stattdessen werden die quantitativen Dimensionen unzutreffend verallgemeinert, leider auch noch am falschen Beispiel (S. 190). Im Senegal ist die Erdnußproduktion nicht - dank Stabex - gestiegen, sondern in den letzten zehn Jahren um rund die Hälfte zurückgegangen. Fazit: Ein umfangreiches, detailreiches Werk mit viel agrarpolitischen und wenig entwicklungspolitischen Reflexionen, das dem selbst gesetzten Ziel (“entwicklungspolitische Kritik der EG–Agrarpolitik“) nicht ausreichend gerecht wird. Weniger Seiten, dafür mehr zu den zentralen Punkten, hätten dem Buch gut getan. Buko Agro–Koordination: Wer Hunger pflanzt und Überschuß erntet. Beiträge zu einer entwicklungspolitischen Kritik der EG–Agrarpolitik, Hamburg 1987, Preis: 19.00 DM. Bezug: BUKO, Nernstweg 32, 2000 Hamburg 50. mercator

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