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Berlin: Ablehnungsfront gegen Subventionsabbau

■ Investitionszulage und Umsatzsteuerpräferenz auf der Streichliste / Hauptsache für die Berliner ist das „Präferenzgefälle“ zu anderen Problemregionen

Von Johannes Duchrow

Ein aufgeregtes Wochenende verschaffte Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg den Berliner Finanz– und Wirtschaftspolitikern mit der Ankündigung, zur Finanzierung seiner Steuerreform die Berlin–Förderung ab 1990 um 1,2 Milliarden DM im Jahr kürzen zu wollen. Rund acht Milliarden DM erhält West–Berlin im Rahmen der Berlin–Förderung jährlich vom Bund, was über 50 Prozent des Reststadt–Budgets ausmacht. Mit diesem Betrag soll für Berliner Betriebe der Standortnachteil mit seinen hohen Transport– und Ansiedlungskosten ausgeglichen werden. Der größte Posten der Kürzungen soll durch die Halbierung der Investitionszulagen gespart werden. Derzeit gibt es für jede Investition in Berlin zwischen zehn und 40 Prozent vom Bund dazu. Im Jahr 1986 kostete das den Steuerzahlern rund 670 Millionen DM. Stoltenbergs Argumentation für die Kürzung: Weil im Bundesgebiet und vor allem im Grenzgebiet die Investitionszulage wegfalle, bleibe trotz Kürzung das „Präferenzgefälle“ zwischen Berlin und dem Bundesgebiet erhalten. Als „Sonderopfer“, das von der Stadt gefordert werde, bezeichneten dagegen der Berliner Finanzsenator Günter Rexrodt und der Regierende Bürgermeister Diepgen die geplanten Kürzungen. Die Wirtschaft müsse nicht nur die allgemeinen Änderungen der Steuerreform, sondern zusätzlich die Berlin–spezifischen Kürzungen tragen. Das Grenzgebiet zur DDR könne den Ausfall der Investitionszulage durch einen 500–Millionen–Topf für „Gemeinschaftsausgaben“ ausgleichen. Auch die Berliner Wirtschaft hält die geplanten Kürzungen für übertrieben. Der Präsident der Industrie– und Handelskammer, Horst Kramp, gleichzeitig Vorstand im einzigen Großunternehmen mit Hauptsitz in Berlin, signalisierte zwar grundsätzliches Verständnis für den Abbau von Steuerpräferenzen, auf keinen Fall dürfe jedoch der Berlin zugesagte lebensnotwendige Ausgleich für den „unverschuldeten Standortnachteil“ in Frage gestellt werden. Schon im Juli hatte der Landesbezirk des DGB eine Stellungnahme zu den Auswirkungen der letzten Reform der Berlin–Förderung von 1983 vorgelegt. Die Gewerkschaften fordern dort zwar den Erhalt des „Präferenzgefälles“, jedoch ohne den derzeitigen Mißbrauch durch Mitnahmeeffekte. Die geplanten Kürzungen hält man beim DGB für überdimensioniert. Rechnerisch könne man Berlin höchstens einen Anteil von 500 Millionen an den Einsparungen auferlegen. Stoltenberg ginge nach der „Rasenmähermethode“ vor, um seine Pläne zu finanzieren. Der DGB fordert dagegen, die möglichen Einsparungen beschäftigungsfördernd zu investieren. Um die anvisierten 1,2 Milliarden DM zusammenzukriegen, sollen neben der Investitionszulage noch weitere Sondervergünstigungen für Berlin gekürzt werden. 4,2 Prozent weniger Umsatzsteuer müssen derzeit Konsumenten für Berliner Produkte zahlen als für Waren aus dem Bundesgebiet. 1990 soll die Vergünstigung auf 2,5 Prozent gesenkt werden. Steuerliche Sonderabschreibungen, die bisher für den Kauf von Neu– und Altanlagen möglich waren, werden 1990 nur noch beim Neukauf möglich sein. Die sogenannte Berlin–Zulage für Arbeitnehmer zu ändern, scheint man sich in Bonn doch nicht zu trauen. Über Einzelheiten der Kürzungen wird in den nächsten Wochen verhandelt. Mit einem Gesetzesentwurf ist also nicht vor dem nächsten Jahr zu rechnen.

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