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PLO und Syrien: Ein neuer Schwenk

■ Nach vier Jahren des scheinbar unüberwindbaren Bruchs steht jetzt eine Aussöhnung zwischen Syrien und der PLO bevor / Rege Reisediplomatie vor dem arabischen Sondergipfel in Amman Anfang November

Aus Beirut Petra Groll

Vier Jahre nach dem Bruch zwischen Syrien und der palästinensischen Befreiungsorganisation hat die Führung der PLO jetzt die bevorstehende Aussöhnung zwischen den Erzfeinden Hafez al Assad und Yasser Arafat signalisiert. Abu Jihad, zweiter Mann der Al Fatah, bestätigte in einem Interview direkte Kontakte mit der syrischen Führung. Gegenüber der Monatszeitschrift Al Hadaf, dem Organ der „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ von George Habasch, erklärte Arafats Vize, es seien mehrere Botschaften ausgetauscht worden, in denen die gegenseitigen Standpunkte bei einer ganzen Reihe von Problemen hätten geklärt werden können. Noch optimistischer soll sich PLO–Chef Arafat gegenüber seiner Gefolgschaft im Libanon geäußert haben, die in den letzten Jahren „Lagerkrieg“ gegen die pro–syrische „Amal“ den syrischen Einfluß besonders heftig zu spüren bekommen hat: Er soll den Bewohnern der Flüchtlingslager entscheidende Verbesserungen noch vor, spätestens aber im Verlauf des arabischen Sondergipfels versprochen haben, der für den 8. November in der Hauptstadt Jordaniens, Amman, angesetzt ist. Nachdem der syrische Präsident Assad 1980 und 1985 die Teilnahme an arabischen Gipfeltreffen verweigert hatte, wurde am 12. Oktober mit einigem Aufsehen Assads Zusage bekanntgegeben, nach Amman zu reisen. Er hatte seine Teilnahme davon abhängig gemacht, daß auf dem Sondergipfel nicht, wie ursprünglich geplant, ausschließlich der Golfkrieg zwischen Iran und Irak debattiert wird, sondern auch „der Hauptkonflikt in der arabischen Welt“: der arabisch–israelische Konflikt, wie es die syrische Zeitung Al Baathe formulierte. Präsident Assad hatte bislang die Teilnahme an Diskussionen über den Golfkrieg verweigert, weil er als einziger Unterstützer des Iran im arabischen Lager auf einsamem Posten steht. Auf Wunsch Syriens wurden also auch der Bürgerkrieg im Libanon und das „Palästinenserproblem“ auf die Tagesordnung des Sondergipfels gesetzt. In beiden Konflikten spielt Syrien eine der ersten Geigen, und Beobachter zufolge dürfte sich das syrische Regime eine komfortable Position für den kommenden Gipfel verschafft haben. Unter zusätzlichem Druck der Sowjetunion und Algeriens sprach Assad Ende September eine Einladung an den in den USA lebenden palästinensischen Geschäftsmann Hassib Sabbagh aus, sich als Mittelsmann in Damaskus vorzustellen. Insgesamt vier mal reiste seitdem eine auf vier palästinensische Vermittler aufgestockte Delegation in die syrische Hauptstadt, wo sie den syrischen Vize Abdel Halim Khaddam traf. Alle vier palästinensischen Unterhändler werden innerhalb der Palästinenserszene als „pro–amerikanisch“ und „Arafat–nahestehend“ eingeordnet. Drei von ihnen stammen zudem aus der überaus finanzstarken palästinensischen Geschäftswelt. In einem Briefwechsel zwischen der syrischen Führung und der „Vereinigten Führung“ der PLO werden die wichtigsten Themen angesprochen: die „Internationale Nahost–Friedenskonferenz“, die von Syrien heftig kritisierten Beziehungen der PLO zu Ägypten und schließlich die Situation im Libanon, wo der „Lagerkrieg“ den letzten Ausdruck des syrischen Bemühens um Kontrolle der PLO darstellt. Nach den letzten Kontakten der palästinensischen Finanzdelegation im vom Pleitegeier bedrohten Damaskus wartet die PLO jetzt auf die offizielle Einladung einer PLO–Delegation nach Syrien. Spitzenkandidat der Palästinenser ist Wazir Khalil (Abu Jihad), der 1983 zusammen mit Arafat aus Syrien ausgewiesene Militärchef der PLO. Die nächste Möglichkeit für ein Spitzentreffen zwischen Arafat und Assad, die zudem beiden Parteien einigen diplomatischen Spielraum gewährt, ist der arabische Sondergipfel in Amman.

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