: Der Vitalitätsverlust des Waldes
■ Landwirtschaftsminister Kiechle legt Waldschadens–Bilanz 87 vor / Besorgniserregenden Zustand bescheinigt / Umweltschutzverbände kritisieren scharf Methoden der Schadenserfassung
Bonn (dpa) - Über die Hälfte der Wälder ist weiterhin krank. Nach der Waldschadenserhebung 1987, die Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle (CSU) am Mittwoch präsentierte, ist der Umfang der Schäden zwar um 1,5 Prozent zurückgegangen, doch seien immer noch 52,3 Prozent der Bäume „in ihrer Vitalität geschwächt oder geschädigt“. Kiechle sprach von einem besorgniserregenden Zustand, zumal sich der Wald trotz günstiger Witterung in vier aufeinanderfolgenden Jahren nur begrenzt erholt habe. Der gegensätzliche Trend bei Nadel– und Laubbäumen habe sich fortgesetzt: Während sich der Zustand von Kiefer, Tanne und erstmals auch Fichte bundesweit um vier bis fünf Prozent verbesserte, nahmen die Schäden bei Laubbäumen um 5,6 Prozent (Buche) beziehungsweise 3,8 Prozent (Eiche) zu. Das bisherige Süd–Nord–Gefälle hat sich nach Angaben Kiechles etwas verringert. Mit Ausnahme von Niedersachsen erhöhte sich im Norden die Schadensfläche oder nahm nur geringfügig ab. Dem stehen Verbesserungen in Baden–Württemberg und Bayern gegenüber. Der Minister vermochte noch nichts über die Ursachen der verstärkten Schäden bei Laubbäumen zu sagen. Hierzu seien Forschungsarbeiten vorgesehen. Insgesamt gibt es derzeit 340 Forschungsprojekte mit einem Fördervolumen von 165 Millionen Mark. 35 Prozent der rund 7,39 Millionen Hektar Waldfläche sind der Bilanz zufolge schwach, 16,2 Prozent mittelstark, 1,1 Prozent stark geschädigt oder abgestorben. Die Umwelt– und Naturschutzverbände übten scharfe Kritik an der geänderten statistischen Erfassung der Waldschäden. Helmut Klein vom Bund Naturschutz forderte eine ehrliche Aufklärung über den wirklichen Zustand des Waldes. Er nannte es einen „Skandal an sich“, wenn beispielsweise die geschädigten Hölzer in der Statistik nicht mehr auftauchten, weil die entsprechenden Bäume gefällt worden seien.
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