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Sieg für die US–Atomlobby in Maine

■ Eine Volksabstimmung im nordöstlichsten US–Bundesstaat Maine lehnt Schließung des einzigen AKW ab / Beispiellose Werbekampagne der Betreiberfirma war vorausgegangen

Von Anna Gyorgy

Bonn (taz) - Am 3. November hat eine Mehrheit der Wähler im US–Bundesstaat Maine in Neuengland in einer Volksabstimmung erklärt, daß sie sich um Atommüll in ihrer Umgebung nicht sorgen. Die Frage lautete: „Wollen Sie, daß ein (nukleares) Kraftwerk wie Maine Yankee nach dem 4. Juli 1988 weiter betrieben werden darf, wenn es hochgradigen Atommüll produziert?“ 59 Prozent der Wähler fanden: es darf. Der Sieg der Atomlobby ist Beobachtern zufolge auf die teure und geschickte Kampagne der Kraftwerkeigentümer zurückzuführen. Der Sprecher der Bürgerinitiative gegen das Vorhaben, Charles Ipcar, kommentierte: „Die Gesellschaft hat ihre Argumentation auf die kurzfristigen Verluste abgestellt, die bei einer Schließung des AKW entstünden: Die langfristigen Belastungen der nuklearen Abfallbeseitigung sind dabei unbeachtet geblieben. Entscheidend für den Ausgang des Referendums war das Geld, das das Atomunternehmen in die Öffentlichkeitsarbeit steckte.“ Die Bürgerinitiative, die sich für die Volksabstimmung eingesetzt hatte, erhielt 600.000 Dollar Spenden, die AKW–Betreiberfirma gab jedoch fünf bis sechs Millionen Dollar aus. Anderthalb Millionen Dollar wurden allein für automatische Telefonanrufe von sogenannten Telefonbanken in Washington, DC, und Maine ausgegeben. Wer sich als Nukleargegner oder als unentschieden erwies, erhielt eine ganze Serie von Briefen. Auch am Abstimmungstag wurden die automatischen Telefonbanken wieder eingesetzt, um die Wähler an die Urnen zu bringen. Die jetzt durchgeführte Volksabstimmung war die vierte, die AKW Gegner in Maine seit 1980 organisierten. Im Jahre 1980, kurz nach der Katastrophe im AKW Three Mile Island, wurde ein Begehren zur Schließung des AKW in Maine mit 60 zu 40 Prozent abgelehnt. Zwei Jahre später verloren die AKW–Gegner erneut mit 56 zu 44 Prozent. Den ersten Erfolg errangen sie 1985. Die Wähler Maines sprachen sich dafür aus, daß sie mitbestimmen müssen, wo und wie im Bundesstaat niedriggradiger Atommüll beseitigt wird.

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