Eichler wurde monatelang observiert

■ Der wegen mutmaßlichen Polizistenmordes in U–Haft sitzende Eichler stand seit Monaten unter Beobachtung des Verfassungsschutzes / Wurde die Polizei noch am Tattag vor einem Anschlag gewarnt?

Von K.–P. Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Im Fall der Ermordung der beiden Polizisten Eichhöfer und Schwalm an der Frankfurter Startbahn West geraten Polizeiführung, Landeskriminalamt und Verfassungsschutz immer mehr unter Druck. Seit bekannt wurde, daß der Verfassungsschutz den inzwischen in U–Haft genommenen Tatverdächtigen Andreas Eichler über Monate hinweg observiert hat, und die Frankfurter Polizei noch eine Stunde vor den Schüssen von einem „Anschlag“ Eichlers informiert worden sein soll, macht sich selbst innerhalb der Polizei Unmut über die in der Tatnacht erteilten Einsatzbefehle breit. Wie Bild am Sonntag berichtet, habe ein Verfassungs schutzbeamter gegenüber der Redaktion erklärt, daß auch Eichlers Telefon überwacht worden sei. Aufgrund eines abgehörten Telefongesprächs habe man genau „gewußt, daß da etwas in Planung ist“. Und nach Informationen der Frankfurter Rundschau (FR) soll die Polizei am vergangenen Montag - dem Tattag - einen Hinweis darüber erhalten haben, daß Eichler „einen Anschlag“ plane. Auch der Ort des Anschlags, eine Brücke über den Gundbach in den Mönchbruchwiesen soll bereits genannt worden sein. Die Polizei habe den Namen des Ortes allerdings für ein Codewort gehalten. Dennoch seien Beamte aus dem Polizeipräsidium sofort zu Eichlers Wohnung gefahren; Eichler war jedoch schon unter wegs zur Startbahn. Auf Nachfrage der FR, die sich auf Informationen direkt aus dem Polizeipräsidium stützt, erklärte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Alexander Prechtel, daß ihm von diesen Vorgängen im Vorfeld der Tat „nichts bekannt“ geworden sei. Gegenüber der taz wollte ein Sprecher des hessischen Landeskriminalamtes am Sonntag die Meldungen weder dementieren noch bestätigen. Wie Bundesanwaltschafts– Sprecher Prechtel am Wochenende mitteilte, habe der Tatverdächtige Eichler - entgegen anderslautender Meldungen - noch kein Geständnis abgelegt. Die Bundesanwaltschaft geht weiter davon aus, daß Eichler „fest in eine Gruppe eingebunden“ und „kein Einzeltäter“ gewesen sein soll. Die Behörde hält weiter an der von ihr verbreiteten Presseerklärung fest, wonach es zur Tatzeit aus den Reihen der Demonstranten zu dem Kommando: „Scharfschützen Feuer“ gekommen sei. Entgegen den Erklärungen der Bundesanwaltschaft, daß sowohl die getöteten als auch die beiden verletzten Polizisten von vorne getroffen worden seien, hat ein Kollege des toten Polizeimeisters Schwalm, „der neben ihm gestanden hat“, gegenüber Bild am Sonntag erneut den „Schuß in den Rücken“ ins Gespräch gebracht. Schwalm sei von einem 9–mm–Geschoß an der Wirbelsäule verletzt worden. Am Mittwoch hatte bereits Hessens Ministerpräsident Wallmann von den „feigen Schüssen in den Rücken“ gesprochen.