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D O K U M E N T A T I O N „Unser politisches Anliegen ist berechtigt“

■ Antrag der Delegiertenversammlung der Bürgerinitiative gegen die Flughafenerweiterung Frankfurt Rhein–Main an das Plenum, Mörfelden–Walldorf, 13. November 1987

Die Bürgerinitiative verurteilt die Morde vom 2.11.1987 an zwei Polizisten auf das schärfst Bundesrepublik weit hinter den erreichten Stand zurückzuwerfen. Zentraler Inhalt der BI als Bewegung gegen ein lebensfeindliches Projekt ist eine humanitäre Zielsetzung. Der Widerstand gegen die Flughafenerweiterung ist gleichzeitig ein Kampf für menschliche Lebensbedingungen. Aus dieser Grundhaltung heraus bestand und besteht weiterhin der Grundsatz, durch unsere Aktionen keine Menschenleben zu gefährden. Wir wenden uns gegen die öffentliche Vorverurteilung derjenigen, die in diesem Zusammenhang festgenommen wurden, inhaftiert sind oder gesucht werden. Aus dem Anlaß der Morde wird nun eine Pogromstimmung gegen Startbahngegner geschürt. Eine Vielzahl von Repressionsmaßnahmen deutet darauf hin, daß die Bewegung gegen die Startbahn West unter Ausnutzung der Situation liquidiert werden soll. Von verschiedenen Seiten wird nun versucht, der BI eine politische Kapitulationserklärung abzupressen. Die Morde werden genutzt, um unser politisches Anliegen zu diffamieren. Wir halten fest: Wir wissen, daß unser politisches Anliegen, die Verhinderung der Flughafenerweiterung, berechtigt ist. Der Startbahnbau war und ist ein lebensfeindliches, ein naturzerstörendes, ein militärisches Projekt. Dagegen vorzugehen, ist für uns eine politische Pflicht. Die BI ist aus der Einsicht heraus entstanden, daß unsere Lebensinteressen weder durch Parteien noch durch Parlamente (ausreichend) vertreten werden. Dies hat sich auch jetzt nicht geändert; im Gegenteil sind die Gründe gegen die Startbahn durch deren Bau noch stichhaltiger geworden. Wir werden deshalb auch in Zukunft weiteren Ausbaumaßnahmen, wie sie jetzt im West– und Südbereich des Flughafens anstehen, nicht tatenlos zusehen. In diesem Zusammenhang stellen die Sonntagsspaziergänge einen legitimen Ausdruck unseres Protestes dar und werden weiterhin fortgeführt. Der Protest und Widerstand gegen die Flughafenerweiterung haben eine jahrzehntelange Geschichte. Im Verlauf dieser Geschichte sind viele, auch unterschiedliche, Wege gegangen worden. Wir haben zunächst alle legalen Mittel ausgeschöpft, um unser Ziel zu erreichen. Es wurden Klagen erhoben und Petitionen verfaßt, Hungerstreiks durchgeführt und Hunderttausende von Unterschriften gesammelt - ohne Erfolg. Wir haben dabei gelernt, daß wir unser Anliegen nicht in die Hände von Richtern oder Ministerpräsidenten geben dürfen. Im Wald haben wir versucht, den Startbahnbau tätig zu verhindern. Als das Hüttendorf geräumt wurde, sind viele Hundert durch Polizeiüberfälle verletzt worden; einigen konnte das Leben nur durch unsere Ärzte vor Ort gerettet werden. Die Hüttendorfräumung war ein Wendepunkt in der Entwicklung des Widerstands. Die Geschichte der Entwicklung dieser Protest– und Widerstandsformen zeigt, daß keine der Formen heute rückschauend als die allein richtige festgelegt werden kann. Sie zeigt auch die fortwährend bestehende Notwendigkeit, in gemeinsamer Auseinandersetzung miteinander richtige Wege zu entwickeln. Wir müssen feststellen, daß die bisher geführten Diskussionen den oder die Schützen nicht erreicht haben. Es ist an uns, diese Diskussion selbstkritisch weiter zu führen. Wir fordern: Keine Startbahn 18 West! Generelles Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr! Keine weiteren Ausbaumaßnahmen! Schließung der Rhein–Main–Air–Base! Keine Kriminalisierung von Startbahngegnern!

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