piwik no script img

Berner Polizei stürmt alternatives Hüttendorf

■ Nach der gewaltsamen Räumung demonstrierten 1.000 in Bern / Sozialdemokraten: Anfang vom Bürgerkrieg

Aus Bern Frank Matter

Mit einem Großeinsatz hat die Berner Polizei am Dienstag das alternative Zelt– und Hüttendorf Zaffaraya in der Schweizer Bundeshauptstadt geräumt und abgerissen. Die Behörden hatten das Gelände, auf dem sich Bewohner und Sympathisanten des Zaffaraya verbarrikadiert hatten, abgeriegelt. Bei der Erstürmung setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein. Es kam zu mehreren Verhaftungen. Nach der gewaltsamen Räumung versammelten sich gegen Abend rund 1.000 Personen zu einer Demonstration in der Berner Innenstadt. Im Innenhof der städtischen Polizeikaserne steckten die Demonstranten Holz in Brand, worauf die Polizei die Kundgebung mit Tränengas auflöste. Mit ihren Polizeieinsätzen vom Dienstag hat die bürgerliche Mehrheit des Berner Stadtrates ihre harte Konfrontationspolitik gegen den Willen der sozialdemokratischen Regierungsminderheit fortgesetzt. In einer Debatte des Bernischen Kantonparlamentes sprach der Vizepräsident der Schweizer Sozialdemokraten am Dienstag von einem „Konkurs der Politik“. Seine Parteikollegin Gret Haller, selbst Mitglied der linken Stadt– Regierungsminderheit, erklärte, die Zaffaraya–Räumung sei der „Anfang vom Krieg“. Bürgerliche Politiker begrüßten dagegen die polizeiliche Erstürmung weitgehend. Die Bewohner der geräumten Zeltstadt Zaffaraya kommentierten in einem Flugblatt, das Zaffaraya als Ausdruck einer neuen, nicht konsumorientierten Lebenskultur habe für die Herrschenden offenbar eine zu große Bedrohung dargestellt. Das Zaffaraya existiert seit Sommer 1985. Damals besetzten Aktivisten, die aus einer Abbruchliegenschaft vertrieben worden waren, ein leerstehendes Gelände der Stadt und begannen, ihre Zelt– und Hüttenstadt zu errichten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen