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■ Mit Coursen und Bancken auf Du und DuItzo viel Spectackel

Schwarzer Montag, Kursstürze rund um den Globus. Wir ließen zwei Prototypen des Geldwesens diskutieren, um Klarheit zu bekommen: Sebastian Münster vom Hunderter und Johann Schöner vom Tausender. Gevatter Schöner, Ihr als Ranghöchster im teutschen Geldtsystem und als sintemalen berühmter Astronom, könnt Ihr mir sagen, was zur Zeit an unsrer Börse los ist? Fürwahr, es machet micht sehr staunen, daß Ihr dies fragt. In jener Gasse am Wall in Nieuw Amsterdam und an den anderen Börsen geschiehet nur das, was auch in unseren Zeitläufften geschah: Erinnert Euch an die spanische Silberflotte, die damals mit den Schätzen der Inkas in Spanien ländete. Dieß mehr Silber und Gold entwerttete alles Metall. Zum zweitten: Jeder, so er Heller oder Batzen hatte, steckte es in Schiffsausrüstungen und meist auff Credit. Aber das Silber brachte nur wenigen kurtz Glück und je mehr geländet wurde desto ärmer wurde Spanien und ist es bis itzo geblieben. Gevatter Schöner, wolltet Ihr nicht mir armem Basler Theologen das Problem des zuvielen Geldes erklären? Was ja heute kein Geldt mehr ist. Kurtz nach unsrer Zeit schlug man Geldt nicht mehr in Metall, sondern druckte es nach der Methode des Gensfleisch zum Guttenberg aus Maintz auffs Papier, und da konnte jeder Fürst oder Bischoff drauffdrucken, was er wollt. Noch ärger: Es gibt nun Banckhäuser wie bey uns die Fugger und Welser, da wird des Geldes Werth nur in Maschinen gespeichert. Noch undencklicher: Fast jeder besitzet eine Cartt und so er sie nicht mal aus der Hand gibt, bekommt er Waren oder baares Geldt darauf. Das verführet dazu, mehr auszugeben so als man habet. So sind alle Leutt auf der gantzen Welt verschuldt bis über alle Maaßen, nur die Fugger und Welser nicht. Und was machen die mit dem Geldt, denn ich vermuthe, daß alles über Zinsen und Tilgung zu den Bancken zurückfließet? Das ist das Curiose an der Sach: Die kauffen ab und zu ihr eigen Geldt zurück an den Börsen, damit das System nicht zusammenkrachet, auch erlassen sie den Schuldtnern in Eldorado und sonstwo mal die Schulden, weil jene sonst keine neuen machen könnten, aber das ist ein alt Spectackel auch für uns: In dem Jahr, als Lucas Cranach mich hat portraitirt, 1529, nahm Karl V. viel Credit auff beim Banckhaus Welser in Augspurch und sie bekamen dafür ganz Venezuela. Aber itzo ist auch viel Spectackel an den Börsen und die Course sincken, mal weniger, mal ganz tief. Wenn es aber allen gut gehet und die Bancken halten den Kreißlauff auffrecht, warum so ein Wehklagen? Weill einige Geldt verliren über alle Maaß, so sie in heiß Lufft investiret haben und weill wie damals bei uns einige Mackeler die spanischen Silberschiffe groß und buntt auf ihren Prospectus gemalet haben, die eigentlich schon gesuncken sindt. Aber das ist doch schon mal so passiret, nämlich 1929. Haben die Leutte darauß nichts gelernt? Sie sagen heute, zu der Zeit wäre alles gantz anders gewesen. Heute sei die Wirthschafft im Grunde gesundt, und in den Volkswirthschaften stäke nicht der Tatzelwurm, aber die Menschen, die damals zu New York aus dem Fenster gestörzet sind, könnten heute sicher anderes berichtten. Heute wird sogar, wie ich hörte, das Geldt an sich gehandelt, wie eine Ware? In der Tath ist der Handel mit Geldt in Mode gekommen, weil man dem Golde nicht mehr traute. So kaufet man mit einem frembt Geldt ein anderes und lebt gut von der Differenzia. Aber wenn das viele thun und alle mit einem frembt Geldt, dann werden irgendwo Waren billiger oder teurer und es ist der Ruin für den, dens treffet. Und dieser Geldt–Handel läßt sich nicht unter Controlle bringen, damit er nicht weiter Ungemach anrichtt? Es sei drumb, Gold würde wieder Maaß aller Dinge, aber dann pasirte ein Gleiches. Aber sofern dieß weitergeführet wird, muß doch am Endt einer der Tumbe und nur ein einziger der Turniersieger sein? Wie ich das als Astronom sehe, ziehet Masse Masse an und das gantz Universum fällt ohnedieß einmal in ein einziges schwartzes Loch. Und nur wenn wir unverschämbtt Glück haben, fängt dann alles wieder von vorne an.Werner Kraeling Sebastian Münster (1489 - 1552), Reformator und Geograph, gab 1544 in Basel seine berühmte „Cosmographia“ heraus. Nach einem Gemälde von Christoph Amberger Johannes Schöner (1477 - 1547), Astronom in Nürnberg, fertigte Globen in Serie. Nach einem Gemälde mit der Bezeichnung „Scheyring“ von Lucas Cranach d.Ä. Mit freundlicher Genehmigung dem Handelsblatt–Magazin stark gekürzt entnommen

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