: „Männer, zeigt, daß ihr da seid“
■ Krupp–Belegschaft in Rheinhausen erneut im Streik / Aktionen vor Thyssen und Mannesmann / Mäßige Solidarität / „Klopft den Schweinen auf die Finger“ / IG Metall–Vorstand abgetaucht
Aus Duisburg Walter Jakobs
„Wir haben die Macht nur verliehen. Wir werden sie uns wiederholen. Laßt uns jetzt losgehen, laßt uns jetzt die Geldmafia in die Knie zwingen. Nutzt die historische Chance, diesen Schweinen auf die Finger zu klopfen. Männer, zeigt, daß ihr da seid. Hier sehen ich keinen kämpfen“. Helmut Lackmann, Betriebsingenieur bei Krupp Rheinhausen redet vor Tor 1 von Mannensmann–Huckingen, vor jenem Werk, das einst den Ruf der „kampfstärksten Hütte der Republik“ genoß. Am Freitag sind gerade mal ein paar Hundert zum Tor gekommen, um der Krupp– Delegation „Solidarität“ zu bekunden. Zwar wird auch vor Tor 1, wie bei den Thyssen–Werken, an diesem Tage, für mehrere Stunden die Kreuzung blockiert, aber der Solidaritätsbeweis fällt insgesamt mager aus. Die Kruppianer aus Rheinhausen verhehlen ihre Enttäuschung nicht. Die Passivität begegnet ihnen selbst im eigenen Konzern. Ihm seien „fast die Tränen gekommen“ angesichts der Teilnahmslosigkeit der Siegener Krupp–Kollegen, erzählt Hans Naß, seit 31 Jahren auf der Hütte in Rheinhausen beschäftigt. Allerdings, als die Meldungen aus Hattigen im vergangenen Jahr gekommen seien, habe er auch nicht viel anders reagiert. Für die Passivität der nicht direkt betroffenen Belegschaften macht Klaus Richter, linker Betriebsrat bei Mannesmann, die IG– Metall–Führung und den eigenen Betriebsrat verantwortlich. „Wer jetzt die Belegschaft nicht in den Streik führt“, so der Mannesmann–Betriebsrat, „macht sich mitschuldig am Schicksaal der Rheinhausener wie der Huckinger Kollegen“. Für seinen Kollegen Franz–Josef Schlote, der wie Richter der Gruppe „Konsequente Gewerkschafter“ angehört, ist das „hier eine Schau“, ja „ein Totentanz“. Nichts habe die Be triebsratsführung bisher unternommen. Deren Vorsitzender Karl–Heinz Stommel verweist auf die täglichen Kontakte mit den anderen Vorsitzenden und auf den beschlossenen Aktionstag am kommenden Donnerstag. Ein Vertrauensleutesprecher von Mannesmann sagt, daß „wir verstärkt einiges unternehmen müssen“. Absichtserklärungen. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, werde man kämpfen, sagt ein Krupp–Betriebsrat. Helmut Lackmann unterstreicht das so: „Wir wollen nicht demonstrieren. Wir meinen wirklich den Kampf und das sind keine leeren Versprechungen.“ Den Politikern und Managern glaubt Lackmann, der keiner Partei angehört und „bisher nichts gemacht hat“, seit einer Woche kein Wort mehr. Daß im Düsseldorfer Landtag an diesem Freitag über eine gemeinsame Stahlentschließung gefeilscht wird, interessiert hier keine Seele. Die SPD beschloß gegen die Stimmen der CDU/FDP Rheinhausen dürfe „nicht Symbol für eine ruinöse Vernichtungskonkurrenz in Europa werden“. Verbittert sind viele auch vom IG–Metall–Vorstand, der regelrecht abgetaucht ist. Bis heute hat sich Steinkühler nicht blicken lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen