Trophäen für Chirac

■ Zum Prozeß gegen „Action Directe“

Ein Prozeß als Demonstration von Trophäen: Seht her, sagt der französische Premier Jacques Chirac zu den sicherheitsbedachten Kleinbürgern, diese Terroristen habe ich zur Strecke gebracht, habe Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Denkt daran, wenn ihr im Mai einen Präsidenten wählt. Hat Chirac „Action Directe“ zur Strecke gebracht? Oder hat die Gruppe nicht bereits seit langem keine politische Sprengkraft besessen? Nie war die Gruppe eine Massenorganisation gewesen, nie hatte sie die kapitalistischen Machtverhältnisse ernsthaft in Gefahr gebracht. Dennoch war sie über Jahre Hoffnungsträger von Linken gewesen, die im Reformismus der linken Parteien keine gesellschaftsverändernde Perspektive erkennen konnten. Doch die Zeiten haben sich geändert. In einem Frankreich, in dem der Erfolg selbst als der größte Erfolg gilt, ist kein Platz mehr für „Action Directe“. Aktionen wie die Ermordung des General Audran und des Renault–Chefs Besse haben die politische Isolation gezeigt, in die die Gruppe geraten ist. Nicht Radikalität und Klassenbewußtsein haben die Attentate gefördert, sondern die Angst der Franzosen um Ordnung und Sicherheit. Es ist ein politischer Leichnam, der durch den Prozeß künstlich wieder zum Leben erweckt wird. Antje Bauer