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Die DDR als preiswerte Müllkippe

■ Ein DDR-Geologe beschreibt den Zustand einer Giftmüllhalde für West-Abfälle

Viele Bundesländer haben Müllprobleme – West-Berlin hat eine billige Lösung gefunden. Für nur 40 West-Mark pro Tonne nimmt die DDR fast jeden Dreck, der im Westteil der Stadt produziert wird. Haushaltsabfälle, Giftmüll, verseuchte Erde und Bauschutt werden auf zwei eigens für den Westmüll betriebenen DDR-Deponien wenige Kilometer hinter der Mauer abgekippt. Über den ökologischen Zustand der reinen Hausmüllkippe bei Schöneiche im Süden der Stadt und die gemischte Gift- und Hausmüllkippe Vorketzin bei Potsdam im Westen ist wenig bekannt. Umweltmeßdaten unterliegen in der DDR der Geheimhaltung.

Die Haus- und Giftmüllkippe Vorketzin wird nach einem vorsintflutlichen „Kassetten“-Verfahren betrieben. In den Hausmüll werden Becken gegraben, mit Giftmüll vollgeschüttet und mit Hausmüll abgedeckt. Nach einem Bericht eines DDR-Geologen sind in Vorketzin die Schadstoffe bereits durch den ungesicherten Deponieboden ins Grundwasser gesickert.

Die Müllkipe Vorketzin befindet sich auf einem ehemaligen Tonabbaugebiet. Vor etwa zehn Jahren (1977) ging man dazu über, eine Deponie für Abfallstoffe aus Berlin-West einzurichten. Auf einer Fläche von 1 km2 erreicht die Höhe der Halde 10-12m . Der restliche Deponiebereich wurde erst auf Geländeoberkante angefüllt ( = ab Geländeoberkante – GOK). Der Deponieboden liegt in einer Tiefe von 7-8m (ab Gok); daraus ergibt sich eine reelle Müllschicht von teilweise 17-20m. Der Grundwasseranschnitt ist in einer Tiefe von 2-4m (ab Gok) anzutreffen.

Für die Lagerung von flüssigen Abfallstoffen (Laugen, Basen, Säuren, Altölen) werden von dem dort arbeitenden Personal Becken im Müll angelegt. Sie dienen zur Aufnahme der flüssigen Abfallstoffe, es werden aber auch Fässer und Container in diesen Becken verkippt. Sind die Becken angefüllt, werden diese wieder mit Hausmüll abgedeckt. Die Becken sind sehr zahlreich, etwa 15-20 Stück, und werden mit dem weiteren Wachstum der Halde wieder neu angelegt und abgedeckt.

Durch den erhöhten Grundwasserspiegel in und um das Deponiegelände besteht eine erhöhte Gefahr des Eindringens der Schadstoffe in das Grundwasser, was schon zum großen Teil geschehen ist. Die Kontaminationen können mit Hilfe des Grundwassers in die nahegelegenen Gewässer gelangen und dort eine Bedrohung von Natur und Mensch darstellen.

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