: Jounalisten-Beschluß gegen Spitzel
Hauptversammlung der niedersächsischen Landes-Pressekonferenz faßt Unvereinbarkeitsbeschluß gegen Journalisten, die gleichzeitig für den Verfassungsschutz tätig sind / Umsetzung des Beschlusses jedoch unklar ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Die „Pressekonferenz Niedersachsen“ hat auf ihrer gestrigen Jahreshauptversammlung mit großer Mehrheit beschlossen, daß eine Mitgliedschaft in dieser Journalistenvereinigung mit einer Spitzeltätigkeit für den niedersächsischen Verfassungschutz unvereinbar ist.
„Mitglieder der Pressekonferenz Niedersachsen, die als InformatenInnen für geheime Nachrichtendienste – ob unentgeltlich oder gegen Honorar – tätig sind oder waren, schädigen das Ansehen der Pressekonferenz und sind nach Paragraph8 der Satzung auszuschließen“, heißt es in der Reso lution, die mit 49 gegen drei Stimmen verabschiedet wurde. In dem Beschluß weist die Pressekonferenz außerdem entschieden „die Aufforderung der niedersächsischen Landesregierung zurück, JournalistenIinnen sollten für sie nachrichtendienstlich tätig werden“.
Am vergangenen Freitag hatte Innenminister Hasselmann vor der Landespressekonferenz nicht nur bestätigt, daß Journalisten für den niedersächsischen Verfassungsschutz Spitzeldienste leisten, den Chef der Behörde, Bautsch, hatte die Journalisten sogar aufgefordert, vermehrt für sein Amt zu arbeiten. Dieses Ansinnen von Bautsch soll die Lan desregierung nun öffentlich zurücknehmen. Falls dies nicht geschehe, will die Landespressekonferenz sich „an den Deutschen Presserat wenden mit dem Ziel, die Landerregierung rügen zu lassen“.
Dieser hatte schon 1974 festgelegt, daß nachrichtendienstliche Tätigkeit von Presseangehörigen eine schwere Verletzung der beruflichen Pflichten darstellt. Dadurch werde die Vertrauensgrundlage der Publizistik zerstört.
Die Diskussion über den Unvereinbarkeitsbeschluß in der gestrigen Hauptversammlung der Pressekonferenz verlief allerdings kontroverser, als es nach dem Abstimmungergebnis zu vermuten wäre. Einzelne Journalisten versuchten den Verfassungsschutz als demokratische Institution zu verteidigen, andere machten juristische Bedenken gegen einen Ausschluß von Verfassungschutzmitarbeitern geltend. Ungeklärt blieb die Umsetzung des Unvereinbarkeitsbeschlusses.
Allerdings hat nach der Satzung der Pressekonferenz jedes Mitglied eine Änderung seiner beruflichen Verhältnisse sofort selbst mitzuteilen. Dazu gehöre auch eine Nebentätigkeit für den Verfassungsschutz.
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