: Neuer Generalstreik in den besetzten Gebieten
Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten nach dem Tod einer Demonstrantin / Weitere Aktionen angekündigt / Auch arabische Einwohner Israels drohen mit Streik / Sammlungen von Hilfsgütern für die Flüchtlingslager ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Die PLO und palästinensische Organisationen in den israelisch besetzten Gebieten haben die Bevölkerung der Westbank und des Gaza-Streifen erneut zu einem dreitägigen Generalstreik aufgerufen, der am Dienstag begann. In einem Flugblatt der „PLO-Vereinigte Nationale Führung des Aufstandes“ hatte sich die Organisation zum dritten Mal mit einem entsprechenden Flugblatt zu Wort gemeldet, nachdem ein erster Streikappell in der letzten Woche befolgt worden war. Für Freitag wurde ein Tag der Demonstrationen angekündigt, um den palästinensischen Opfern der Protestbewegung gegen die Besatzung zu gedenken. In dem Flugblatt wurde außerdem zum Boykott israelischer Produkte aufgerufen und an die besser gestellten Teile der Bevölkerung appelliert, die Bewohner der Flüchtlingslager mit Spenden zu unterstützen.
Israels Verteidigungsminister Rabin hat nach eigenen Worten die Streitkräfte angewiesen, „ab sofort“ jeden palästinensischen Versuch, neue Demonstrationen zu organisieren, „mit Gewalt, Entschlossenheit und wenn nötig mit Schlägen“ zu verhindern.
In israelischen Militärkreisen hieß es, man werde sich bemühen, die Öffnung der Geschäfte in der Westbank und Ostjerusalem durchzusetzen. Die Bewohner des arabischen Teils der Stadt sind bereits seit elf Tagen im Streik.
Zum ersten Mal kam es jetzt auch in Dörfern auf der Westbank, die von israelischen Militärs als „ruhig“ beschrieben worden sind, zu Demonstrationen, in deren Verlauf Fahrzeuge von Siedlern mit Steinen beworfen wurden.
Die israelische Armee verhängte am Montag abend erneut eine Ausgangssperre über die Flüchtlingslager Askar und Balata bei Nablus (Westbank), nachdem Soldaten mit Steinwürfen attackiert worden waren. Die Proteste waren durch die Nachricht ausgelöst worden, daß eine 52-jährige Palästinenserin aus Balata am Montag an ihren Verletzungen gestorben war. In mehreren Städten der Westbank bildeten sich Komitees, die Geld, Lebensmittel und Kleidung für die Flüchtlingslager vor allem im Gaza-Streifen sammeln, die noch von einer Ausgangssperre betroffen sind.
Besorgnis auf der israelischen Seite dürfte eine Drohung der arabischen Bevölkerung Israels hervorgerufen haben, in einen zweiten, längeren Generalstreik zu treten, falls die Politik der „eisernen Faust“, insbesondere die Ausgangssperre über Flüchtlingslager, nicht beendet werde. Eine Delegation von arabisch-israeli schen Persönlichkeiten will die Westbank und den Gaza-Streifen aufsuchen, um den dort lebenden Palästinensern ihre Solidarität im „Kampf für die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht“ zu versichern. Außerdem soll auch in Israel eine Sammelaktion für die Flüchtlingslager durchgeführt werden. Erste Lastwagen mit Hilfsgütern sollten noch am Dienstag in Lager in den besetzten Gebieten geschickt werden. Der Sonderbeauftragte der UNO, Marrak Goulding, wird am Freitag seinen Bericht über die Situation in den besetzten Gebieten vorlegen. Vermutlich wird sich der Weltsicherheitsrat dann erneut mit diesem Thema befassen. Die USA haben am Montagabend ihr Veto gegen eine neue Israel-Resolution eingelegt. In dem Text werden die wiederholten israelischen Angriffe auf libanesisches Territorium kritisiert.
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