piwik no script img

NUKEM: Der Ausschuß tagt

Der Bonner Untersuchungsausschuß zum Hanauer Atomskandal nimmt bereits heute seine Arbeit auf / Koalition und SPD konnten sich nicht auf einen Auftrag einigen, jetzt hat er zwei / Schily ruft auf zum Geheimnisbruch  ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Der gestern vom Bundestag eingesetzte Untersuchungsausschuß zur Aufklärung des in Hanau aufgebrochenen Atomskandals trifft sich bereits heute zur konstituierenden Sitzung. Das elfköpfige Gremium unter dem Vorsitz der SPD-Politikerin Ingrid Matthäus- Maier wurde gleich zwei Aufgaben haben: Einen enger gefaßten Fragenkatalog der Regierungsparteien und eine breitere Themenstellung der SPD. Otto Schily, Vertreter der Grünen im Untersuchungsausschuß, appellierte gestern öfentlich an die Beschäftigten in der Atomindustrie, sich mit vertraulichen Informationen an ihn zu wenden.

Mit dem parlamentarisch ungewöhnlichen Verfahren, dem Ausschuß zwei unterschiedliche Untersuchungsaufgaben zu geben, vermieden es die großen Fraktionen, wegen fehlender Einigung, zwei Ausschüsse ins Leben zu rufen. CDU/CSU und FDP wollen in erster Linie die aktuellen Vorgänge um die Firma Transnuklear untersuchen und den Verdacht auf Bruch des Atomwaffensperrvertrags möglichst schnell durch einen Zwischenbericht aus der Welt schaffen. Die SPD will hingegen die Aufklärung nicht auf die Hanauer Firmen beschränken, sondern auch die Entsorgungssituation zum Thema machen. Der Abgeordnete Schäfer sicherte den Grünen, deren eigener Antrag abgelehnt wurde, zu, daß ihr Untersuchungsbegehren von dem „umfassenden Katalog“ der SPD mit abgedeckt werde. Schäfer: „Die Proliferationsgefahr ist mit der Nutzung der Kernenergie untrennbar verbunden. Wir Sozialdemokraten stehen zu unserer Verantwortung, auch wenn es schwer fällt.“ Die Behandlung eines Antrags der Grünen, die Öffentlichkeit sofort über den Inhalt des Plutoniums-Bunkers bei Alkem zu informieren, scheiterte an den Gegenstimmen sämtlicher anderer Fraktionen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen