: Pfeiffer will nun die Grünen retten
Ex-Grüner Bundestagsabgeordneter Wüppesahl für Kandidatur Pfeiffers in Schleswig-Holstein ■ Aus Kiel Henrich Fenner
Reiner Pfeiffer, der Mann, der Barschel stürzen ließ, fühlt sich nun berufen, die schleswig-holsteinischen Grünen vor einem erneuten Wahldebakel zu retten. Die rund 100 Zuhörer und zahlreichen Pressevertreter trauten ihren Ohren nicht, als der Ex-Medienreferent am vergangenen Freitag im Kieler Kommunikationszentrum „Pumpe“ anbot, Mitglied der Grünen zu werden. Veranstalter war der parteilose Bundestagsabgeordnete Thomas Wüppesahl, der nach Beschluß der Bundestagsfraktion sein Mandat niederlegen soll. Dem schloß sich gestern auch der Bundeshauptausschuß an.
„Pfeiffer bei den Grünen? Ein politischer Treppenwitz, ein böser Spuk? Ich meine, nein!“ Schon der Beginn seiner Rede verdeutlichte die Diskrepanz zwischen eigenem Anliegen und unfreiwillig kabarettistischer Wirkung auf die Zuhörer. Seit 1979 schon, seit er damals noch als Chefredakteur des CDU-nahen Weser Report der Bremer grünen Liste journalistisch zum Einzug ins Landesparlament verholfen habe, habe er „stets grün gewählt“. „Den Job bei Barschel“ hatte er sich „völlig anders vorgestellt“. Was dieser „fortschrittliche Ministerpräsident“ von ihm verlangte, war ein „eklatanter Mißbrauch meines journalistischen Berufes“. Aussteigen wollte Pfeiffer schon, als die anonyme Steueranzeige gegen Engholm auf den Tisch kam, blieb dann aber doch, um Barschel und ein „Dutzend wichtiger Personen aus der Staatskanzlei“ zu Fall zu bringen.
Mit diesen „vielfältigen Erfahrungen“ aus dem „verkorksten Regierungsapparat“ möchte er jetzt als Grüner Mandatsträger an den „politischen Konsequenzen seiner Enthüllungen mitwirken“. Doch die mehrfach in seiner Rede angesprochenen „Damen und Herren von den Grünen“ verweigerten ihm den zustimmenden Applaus.
Dann trat Wüppesahl ans Rednerpult. Mit Pfeiffer auf Platz zwei der Landesliste, prognostizierte er die Grünen auf zehn Prozent der Stimmen bei der nächsten Wahl. Kein Grüner hat „je gekonnter enthüllt“, besitze „größere Sachkenntnis von der Administration dieses Landes“ und kein Grüner sei annähernd so populär wie Pfeiffer. Für dieses Projekt bot der Kripobeamte an, Frieden mit dem Landesverband zu schließen bei den Grünen wieder einzutreten.
Wüppesahl war nach jahrelangen Querelen in seinem Geesthachter Kreisverband im Mai letzten Jahres bei den Grünen ausgetreten. Es folgten öffentliche Kon troversen mit dem Landesverband in der Wahlkampfzeit. Im November 1987 hatten die schleswig-holsteinischen Grünen mit einem Parteitagsbeschluß vergeblich die Bonner Kollegen aufgefordert, Wüppesahl aus der Fraktion auszuschließen. Der hessische Pressesprecher der Grünen, Georg Dick, vermutet hinter der ganzen Show die Bild-Zeitung. Nachdem er bereits Anfang Dezember eine Bild Anfrage ablehnte, ob man Joschka Fischer nicht die Forderung „Bundesverdienstkreuz für Pfeiffer“ in den Mund legen könne, sei man offensichtlich bei Wüppesahl fündig geworden. Der schrieb am 21.Dezember einen entsprechenden Brief an den Bundespräsidenten und zwei Tage später stand es in der Bild Schlagzeile. Letzten Freitag wiederum war in Bild zu lesen, daß Wüppesahl ihm, Pfeiffer, damit einen Gefallen getan habe, und er dafür jetzt den Grünen helfen wolle.
„Überhaupt kein Interesse an dem Vorschlag dieser „zwei gestrandeten Typen“, äußerte Robin Jacobitz für den schleswig-holsteinischen Landesverband. Für ihn ist das Spektakel schlicht „parteischädigend“.
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