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EG–Agrar: Kiechle freut sich auch ohne Grund

■ Tagung der Landwirtschaftsminister ohne Einigung / Streit um Überproduktion und Kostensenkung geht weiter / Außenminister diskutieren Agrarpaket

Brüssel/Borken (afp/ap) - Die Landwirtschaftsminister der Europäischen Gemeinschaft haben am Sonntagabend ihre zweitägige Sondersitzung beendet und nach Ansicht von Diplomaten in Brüssel zwar in einigen Bereichen Fortschritte erzielen können, jedoch keinen echten Durchbruch in der Frage der Kosteneindämmung der EG–Agrarausgaben erzielen können. Am Montag und Dienstag werden sich die Außenminister der Gemeinschaft unter anderem mit den Ergebnissen der Sitzung des Brüsseler Agrar–Ministerrats befassen müssen, die am vergangenen Mittwoch nach einer ersten dreitägigen Phase schon einmal ergebnislos unterbrochen worden war. Während das von der Bonner Präsidentschaft eingebrachte System der großzügig prämierten „Flächenstillegungen“ in der Zwölferrunde weitgehend auf Zustimmung stieß, konnte über Preissenkungsvorschläge der EG–Kommission und die Festlegung von Höchstmengen für landwirtschaftliche Produkte keine Einigung erzielt werden. Bundeslandwirtschaftsminister Ignaz Kiechle, Vorsitzender des Ministerrats, zeigte sich am Abend zum Abschluß der Konferenz dennoch optimistisch und äußerte sich zufrieden mit dem Ergebnis der Beratungen. Der Brüsseler Agrarrat und die Präsidentschaft -das ist der Herr Minister höchstselbst - hätten das „wohl Möglichste erreicht“. Man habe während der beiden vergangenen Tage „einen großen Schritt vorangetan“. Die Staats– und Regierungschefs der Gemeinschaft, die sich am 11. und 12. Februar in Brüssel treffen, werden auf ihrem Gipfel laut Kiechle „nur noch eine kleine Zahl offener Fragen vorfinden“, was die Landwirtschaft anbetrifft. Zeitweise war am Sonntag eine weitgehende Einigung der Agrarminister nicht ausgeschlossen worden. Sie scheiterte jedoch an der entschlossenen Haltung der Niederlande und vor allem Großbritanniens, die sich entschieden für eine rigorosere Haushaltspolitik der Gemeinschaft aussprachen. Beide Länder warfen der deutschen Präsidentschaft vor, sich in ihrer Haushaltspolitik zu nachgiebig zu zeigen und vor allem die eigene Landwirtschaft zu begünstigen. „Seit dem Kopenhagener Gipfel hat es lediglich Rückschritte gegeben“, erklärte der britische Landwirtschaftsminister John MacGregor. Er favorisierte drastische Preissenkungen als Mittel gegen die Überschußproduktion. „Wenn wir keine Obergrenzen für die Agrarausgaben bekommen, gibt es auf dem Gipfel im Februar keine Einigung“, prophezeite der britische Landwirtschaftsminister. Aus Protest gegen die Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft und um Minister Kiechle den Rücken zu stärken haben Bauern am frühen Montag morgen im nordrhein–westfälischen Landkreis Borken drei deutsch–niederländische Grenzübergänge blockiert. An dem Protest beteiligten sich nach Angaben des Westfälisch–Lippischen Landwirtschaftsverbandes mehr als 2.000 Landwirte. Mit Demonstrationszügen und Traktoren sperrten sie die Grenzübergänge Gronau–Glanerbrück, Südlohn–Oeding und Bocholt–Hemden.

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