Patente auf „belebte Natur“

CDU will Patente für gentechnisch hergestellte Pflanzen und Tiere / Bedenken von Experten bei Rechtsausschuß-Anhörung: Vorstufe zur Patentierung von Menschen  ■ Aus Bonn Oliver Tolmein

Der Vorsitzende des Bundesarbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen, der baden-württembergische Justizminister Heinz Eyrich, sprach sich gestern für eine Erweiterung des Patentschutzes auch auf biotechnologische Erfindungen aus. Auf einer Anhörung des Rechtsausschußes des Bundestages, die ebenfalls gestern stattfand, wurde dagegen von vier der acht eingeladenen Experten zum Teil massive Einwände gegen eine mögliche Patentierung gentechnisch hergestellter Pflanzen und Tiere vorgebracht.

Professor Lukes von der Universität Münster wandte gegen die Möglichkeit von Patentierung der „belebten Natur“ ein, daß sie einer Patentierung von Menschen „mit Sicherheit“ Vorschub leiste. Dr. Sundrum von der Universität Bonn unterstütze diese These mit dem Verweis auf die Entwicklung in den USA: Dort sei die Patentierung von gentechnisch hergestellten Mikroorganismen mit dem Argument vorangetrieben worden, es gehe ja nicht um höher entwickelte Lebewesen. Mittlerweile existiere aber schon ein Patent für eine bestimmte gentechnisch hergestellte Austernart.

Ein anderes Argument gegen die Änderung der bestehenden Rechtslage führte Dr. Böhringer vom Bundesamt für Sortenschutz in Hannover ein. Er wies darauf hin, daß der derzeit gültige Sortenschutz nur das Vermehrungsmaterial für Pflanzen, also vor allem das Saatgut schütze, es den Bauern aber erlaube mit den daraus gewonnenen Pflanzen zu verfahren wie sie es wollten. Das Patentrecht könne dagegen sehr viel weiterwirken: Der Patentinhaber könne auch die Art und Weise des Anbaus und der Weiterverwertung geschützter Stoffe oder Lebewesen bestimmen. Damit werde der Landwirt noch sehr viel abhängiger als das derzeit der Fall sei. Noch sehr viel größere Probleme könnten sich, auch das wurde in der Anhörung deutlich, für Länder in der 3. Welt ergeben, wenn Pflanzen und Tiere patentierbar würden.

Argument der Befürworter einer Patentierbarkeit gentechnisch hergestellter höherer Organismen – Mikroorganismen sind auch in der BRD bereits patentierbar – war in der vierstündigen Anhörung die Wettbewerbsfähigkeit der bundesdeutschen Industrie. Solange gentechnologisch hergestellte Pflanzen und manipulierte Tiere nicht patentierbar seien, seien die Gewinnmöglichkeiten für die Unternehmen und Wissenschaftler viel zu vage, betonten der Vertreter des Bundesverbandes der Chemischen Industrie und Professor Beier vom Max Planck Institut für internationales Patentrecht. Deswegen würden solche Produkte in der BRD nicht in nennenswertem Umfang hergestellt. Außerdem, so der Leiter des deutschen Patentamtes Heuser, bedeute die Patentierbarkeit ein Mehr an Sicherheit: Um ein Patent zu erlangen, müßten zahlreiche Daten einer Erfindung offengelegt werden. Dem widersprach der Vertreter des Bundessortenamtes: Um Sortenschutz für bestimmtes Vermehrungsmaterial zu erhalten würde dieses probeweise beim Bundessortenamt angebaut. Um das zu ermöglichen, müßten ebenfalls umfangreiche Daten offengelegt werden.