: Präsident Ortega verkündet umfassende Währungsreform
■ 1.000:1 ist die Umtauschrate für die neue Währung / Wechselkurse und Preisgefüge sollen zur Ruhe kommen / Lebensmittelsubventionen wurden aufgehoben / Neue Lohn- und Preisskala
Managua (taz) – Nicaraguas Präsident Daniel Ortega hat Sonntag mittag überraschend eine umfassende Währungsreform und neue Wirtschaftsmaßnahmen verkündet, die mit sofortiger Wirkung in Kraft getreten sind. Bereits seit Montag morgen zirkuliert die neue Währung, „El Cordoba Nuevo“, im Lande, die in der Nacht vom 14. zum 15.Februar an über 2.000 Verteilerstellen ausgehändigt worden ist. Die Nicaraguaner haben nun drei Tage Zeit, die alte Währung im Verhältnis von tausend zu eins gegen die neue einzutauschen. Der Wechselkurs des neuen Cordoba zum Dollar wurde auf zehn zu eins festgelegt. Nach Angaben Ortegas soll aber der neue Wechselkurs sowohl für den Export als auch für den Import gelten. Der bisher geltende, offizielle Wechselkurs in Altwährung lag bei 70 zu eins gegenüber dem Dollar. Touristen und „Privatpersonen“ konnten aber bisher den Cordoba über autorisierte Wechselstuben zu dem günstigeren Wechselkurs von 20.000 zu eins erstehen. Auf dem Schwarzmarkt wurden für den Dollar hingegen bis 55.000 Cordoba geboten.
Die weit über tausend Prozentpunkte angestiegene Inflationsrate hat nicht nur das Drucken von neuen Geldscheine notwendig gemacht. Auch auf dem Konsumgütermarkt gerieten die Preise durcheinander. So kostete die „Tortilla“, der traditionelle Maisfladen, das Zehnfache einer städtischen Busfahrt oder das auf dem Schwarzmarkt erstandene Pfund Reis 20 mal soviel wie dasjenige, das über die staatlichen Verkaufsstellen an den Kunden gelangte.
Gleichzeitig mit der Einführung der neuen Währung wurden die staatlichen Lebensmittelsubventionen aufgehoben und eine neue Lohn- und Preisskala eingeführt. Die neue Lohnskala soll den qualifizierten Facharbeitern eine Einkommensverbesserung von gut 500 Prozent bringen, behaup tet Ortega. Die neue Regelung der Preise bringt andererseits eine Verteuerung des Benzins, des Strombezugs und des Telefonierens mit sich, die bis zur Stunde noch unbekannt ist, da die neuen Tarife erst im Verlauf der Woche festgelegt werden sollen. Bis dahin können keine internationalen Telefongespräche geführt werden, außer in jene Länder, die R-Gespräche aus Nicaragua annehmen.
Stehende Bankguthaben werden automatisch in neue Währung überführt werden, wobei ein Teil des Inflationsverlustes kompensiert werden soll. Um das Los Tausender durch den Krieg obdachlos gewordener Familien zu erleichtern, verzichtet die Regierung auf die Rückzahlung von Krediten für den Neubau oder die Reparatur beschädigter oder zerstörter Häuser und Wohnungen. Rund 30.000 Familien sollen spätestens bis April dieses Jahres in den Genuß dieser Maßnahmen kommen.
Auch wenn die Währungsreform von vielen schon lange erwartet worden ist, so stellt sie doch eine Meisterleistung der Geheimhaltung dar. Obwohl zeitweise bis zu 60.000 Personen an den Vorbereitungen der Reform beteiligt waren, drang kein Sterbenswörtchen über die Aktion, die die Code-Bezeichnung „Operacion Martires de Quilali“ trug, nach draußen. Sowohl die nationale als auch die internationale Presse wurde von den neuen Wirtschafts- und Finanzmaßnahmen vollkommen überrascht. Georg Hodel
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