: Herr K. und die Grünen
Ein Grünen-Problem: Udo Knapp, Fraktionsmitarbeiter im Bundesvorstand – umstritten und allseits unbeliebt / Er soll zwar als Experte weiterarbeiten, aber haben will ihn keiner ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Seit drei Wochen ist der neue Fraktionsvorstand der Grünen im Amt, und seitdem hat er vor allem ein Problem: Was tun mit Udo Knapp? Der Chef-Berater der Realos, vom Status her Fraktionsmitarbeiter im Vorstand, hatte bisher schon genug Feinde im Bonner Abgeordneten-Hochhaus der Grünen, doch nun haben ihn auch einige seiner politischen Freunde fallengelassen. Zwar wollen die führenden Realos nur ungern auf die bewährten Dienste ihres Vertrauten verzichten; auch Joschka Fischer soll telefonisch Druck gemacht haben, Udo Knapp auf keinen Fall vor die Tür zu setzen. Konkret halten es die Realos jedoch nach dem St.-Florians-Prinzip: Nur nicht bei mir! Von den RealpolitikerInnen im neuen Vorstand will niemand Udo im eigenen Büro haben. Auch Otto Schily soll den gutgemeinten Vorschlag, Udo Knapp doch als Mitarbeiter für den Atom-Untersuchungsausschuß zu übernehmen, empört von sich gewiesen haben.
Knapp, schon in der früheren Fraktion spitz „politischer Direktor“ genannt, ist in der Tat nicht irgendwer. Als Mitarbeiter hat er die Politik der Fraktion mehr beeinflußt als mancher Abgeordneter. Für die Ökosozialisten ist er ohnehin ein Erzfeind, dem immer schon alle Schandtaten zugetraut wurden.
Nachdem er dann bei der Fraktionskrise im vergangenen Herbst offen die Spaltung propagierte, ist Knapp auch für die auf Versöhnung bedachte „Mitte“ zur Unperson geworden. Nachdem der Vorstand auf etlichen Sitzungen den gordischen Knoten nicht lösen konnte, soll nun die Fraktion am Dienstag entscheiden. Doch wie nur? Im Gespräch ist die Schaffung einer neuen Stelle im Vorstands-Umfeld, wo Knapp quasi ein politischer „Frühstücksdirektor“ würde. Doch dieses Modell dürfte die Fraktion kaum schlucken, ist es doch allzu offensichtlich ein „Lex Knapp“. Auch ist noch zu gut in Erinnerung, daß Knapp selber früher für die politischen Angestellten vehement das Prinzip „hire and fire“ verfocht – mit finanzieller Abfederung, versteht sich. Unter 100.000 Mark, so ist zu hören, wäre sein Abschied aber nicht zu kriegen. Einige Mitarbeiter, die sich selber mit Veränderungsabsichten tragen, verfolgen das Gezappel nicht ohne klammheimliches Eigeninteresse: Er könnte finanziell die Latte nach oben legen. So oder so wird der Fall „Herr K.“ Schule machen: „Wenn der nicht entlassen wird“, so unkt man auf den grünen Fluren, „dann kann hier überhaupt niemand mehr entlassen werden.“ Dazu befragt, erklärte Udo Knapp, daß er derzeit dazu keine Stellung beziehen wolle.
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