: Hessen-SPD: Krollmann gibt auf
Jetzt offenes Chaos in der hessischen SPD / Hans Krollmann gibt Fraktionsvorsitz ab, bleibt aber vorläufig Landesvorsitzender der Sozialdemokraten / Lothar Klemm wird neuer Landesgeschäftsführer ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) – Bei der hessischen SPD ist – rund ein Jahr nach dem Machtverlust in Wiesbaden – das bislang nur „schwelende“ Chaos jetzt offen ausgebrochen: Nach parteiinternen Niederlagen gab der Landesvorsitzende Hans Krollmann gestern den Fraktionsvorsitz im Landtag an Ernst Welteke ab, der als „Stänkerer“ (O- Ton Georg Dick von den hessischen Grünen) in die Geschichte der rot-grünen Koalition eingegangen sei.
Nachdem sich Krollmann bereits im Januar als Gegner der Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu Nukem/Transnuklear-Skandal innerhalb seiner Fraktion nicht durchsetzen konnte, brach ihm nun sein Besetzungsvorschlag für das neu einzurichtende Amt des SPD-Generalsekretärs politisch das Genick.
Nach den Vorstellungen Krollmanns sollte der Ex-Freidemokrat Andreas von Schoeler – einer der ungeliebten Intellektuellen in der sozialdemokratischen Partei – als Generalsekretär die daniederliegende hessische SPD wieder auf Vordermann bringen. Doch die rechte Parteibasis und eine Mehrheit in der Landtagsfraktion fühlte sich vom Personalvorschlag ihres Landes- und Fraktionsvorsitzenden düpiert. Andreas von Schoeler fiel durch und Krollmann hätte erneut vor der Öffentlichkeit eine Niederlage eingestehen müssen.
Doch der Nordhesse, der nie das Charisma eines Holger Börner erreichte, warf vorher das Handtuch. Ohne Rückendeckung durch die Fraktion wollte der Ex-Finanzminister dieser Fraktion nicht länger vorstehen. Schon nach der Tagung des Landesvorstands am Vormittag stand fest, daß Krollmann aber Landesvorsitzender der hessischen SPD bleiben wird – zumindest vorläufig.
Das hat in den Reihen der Grünen im hessischen Landtag mehr als nur „Verwunderung“ ausgelöst. Grünen-Pressesprecher Georg Dick: „Wie kann ich einen Mann wegen angeblich erwiesener Führungsschwäche als Fraktionsvorsitzenden zurücktreten lassen, ihn aber gleichzeitig im wichtigsten Parteiamt belassen?“
Diese Frage blieb bis taz-Redaktionsschluß unbeantwortet, da Krollmann erst in den frühen Abendstunden vor die Presse treten wollte. Am Nachmittag war allerdings schon „durchgesickert“, daß auch der bisherige SPD-Landesgeschäftsführer Kiehne – ein treuer Gefolgsmann von Hans Krollmann – seinen Hut wird nehmen müssen.
In den Gängen der hessischen Volksvertretung wurde der neue „Senkrechtstarter“ der Partei, Lothar Klemm, als Kiehnes Nachfolger gehandelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen